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Allerdings gratulierte ihm Friedrich Wilhelm II. sowohl
schriftlich als nachher noch durch Bischoffswerder, und auch Öster-
reich schien völlig einverstanden mit der Annahme der polnischen
Krone; aber die Kaiserin von Rußland ließ sich zu keinen andern
als orakelhaften Außerungen herbei. Vom Wiener Hofe ging übri-
gens die Anregung aus, die dann Friedrich August in sein Programm
aufnahm, die Erbfolge auch auf die Brüder des Kurfürsten aus-
zudehnen, deren ältester bekanntlich der Schwiegersohn Leopolds
war. Preußens Stellung trat auch weiterhin bei der Sendung
Bischoffswerders nach Mailand als wohlwollend hervor. Nur
müsse darauf bestanden werden, daß die Erbtochter Friedrich
Augusts nicht mit einem Prinzen des russischen, preußischen oder
österreichischen Hauses vermählt werde. In Pillnitz war nun
freilich österreichischerseits ein gerade entgegengesetzter Gedanke in
vertraulicher Aussprache zwischen dem diplomatischen Beirate Leo-
polds II., dem geschäftskundigen und verschlagenen Staatsreferen-
där von Spielmann und dem sächsischen Kabinettsminister von
Gutschmid entwickelt worden; danach wurde Erzherzog Karl, der
zweite Sohn Leopolds, als Gemahl der sächsischen Prinzessin in Aus-
sicht genommen. Derselbe Herr von Spielmann schreibt in seinem
Berichte über den Kurfürsten, daß er immer nur in sehr bestimmten
und zugleich mit der größten Behutsamkeit abgemessenen Aus-
drücken spräche und auf ihn den Eindruck eines sehr wohl instru-
ierten, edel und rechtschaffen denkenden Herrn mache.
Dieser vorsichtigen Haltung entsprechend gab Friedrich August
am 10. Sept. den ihn zur Entscheidung drängenden polnischen
Stäuden einc ausweichende Antwort. Trotzdem richtete der Reichs-
tag an ihn, als ob er tatsächlich und in der Hauptsache schon
seine Einwilligung gegeben hätte, die Aufforderung, er möge nun
bald die Verhandlungen über die Pacta Conventa beginnen lassen.
Hierauf antwortete der Kurfürst am 23. Okt., vor Erledigung der
Verfassungsschwierigkeit könne von so etwas doch nicht die Rede
sein, willigte aber in eine Zusammenkunft polnischer und sächsischer
Vertrauensmänner in Dresden zur Beratung der staatsrechtlichen
Differenzpunkte. Bald trat auch infolge des Abschlusses des Frie-
dens von Jassy (Januar 1792) die Meinung Rußlands deut-