Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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erheblich bemüht hatten, langte am bezeichnenden Tage ein großes 
Paket aus Frankfurt bei dem Minister von Wurmb an im Auf— 
trage des Geistersehers, der selbst aber, wichtigste Geschäfte vor- 
schützend, nach Leipzig gereist war; in seiner Abwesenheit wagte 
jedoch niemand das Paket zu öffnen. Wurmb reiste darauf 
auf sein Thüringer Gut, die Kammerherren Bischofswerder 
und Hopfgarten aber, die zu den Eingeweihten gehörten, nach 
Leipzig, wo sie am 7. Okt. mit Schrepfer und zwei anderen 
zu Abend aßen. Dabei sagte er ihnen, morgen, vor Sonnen- 
aufgang, werde er ihnen das Außerordentlichste zeigen und 
sie in das dritte Geheimnis einweihen. Am nächsten Morgen, 
dem 8. Okt., begab er sich mit seinen Katechumenen ins Rosental, 
wies den vieren die Stellen an, wo sie ihn erwarten sollten, und 
verschwand im Gebüsch. Kurz darauf fiel ein Schuß, den Bischofs- 
werder und die anderen nicht weiter beachteten. Als ihnen aber 
die Zeit mit Warten zu lang wurde, beschlossen sie, sich nach dem 
Meister umzusehen und fanden ihn mit einem Taschenpistol in 
der Hand erschossen im Dickicht. Als man das geheimnisvolle 
Paket öffnete, fand sich darin — weißes Papier! 
Ein Jahrzehnt nach Schrepfer trat M. Gottfr. Leber. Masius 
auf, der in Verbindung mit dem zu Leipzig lebenden Exjesuiten 
Grossing eine allgemeine Glückseligkeitstheorie mit Vereinigung 
sämtlicher Religionen predigte. Auch Schrepfers Kunst fand noch 
weiterhin Vertreter, so daß noch im Mai 1782 Friedrich der 
Große an d’'Alembert schrieb: „Sie müssen wissen, daß in Sachsen 
einc Sekte existiert, die wie die Hexe von Endor Geister zitiert.“ — 
Im Jahre 1786 verbot der Leipziger Rat den Kultus des Jo- 
hannismännchens; am Johannistage nämlich ward am Johannis- 
hospitale ein kleines hölzernes Männchen ausgeputzt aufgestellt, 
mit einer Blumenvase neben sich, zu dem die Bevölkerung wie zu 
einem Palladium wallfahrtete, weil dessen Verehrung die Abwen- 
dung von Landplagen zu bewirken imstaunde wäre. — Es waren 
alles in allem überall die Zeichen einer Ubergangsperiode be- 
merklich: das Alte neigte dem Sturze zu, wurde aber von Hun- 
derten von Händen noch mit Mühe gestützt und gehalten, das 
Neue drängte sich durch die schadhaft gewordenen Stellen ein und
	        
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