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preußischen Staates an Private im Herzogtum Warschau zu-
sammenstellte, nahm er auch die Forderungen mit auf, die die
Berliner Bank, die Seehandlung, die Generalwitwenkasse, die des
großen Waisenhauses zu Potsdam, mehrere milde Stiftungen,
einige Kirchen und Schulen und sogar solche Private hatten, von
denen man annahm, daß sie nur ihren Namen für die Berliner
Bank hergegeben hätten. Im ganzen schätzte man die Summe dieser
Ansprüche auf 17018,000 Taler oder auf über 63 Millionen
Franken, also ein sehr gutes Geschäft gegenüber den an Frankreich
zu zahlenden 20 Millionen Franken, freilich ein Geschäft, das
für die genannten Geldinstitute fast den Ruin und für viele
Witwen und Waisen Elend und Dürftigkeit bedeutete. König
Friedrich August hatte nicht den Mut, dieses Anerbieten ab-
zulehnen, teils aus Furcht vor Napoleon, teils aus Furcht
vor seinen neuen Untertanen. Doch suchte er nach besten
Kräften allzu große Härten zu mildern, schoß u. a., damit Einzel-
schuldner bei der Einforderung mit möglichster Schonung behan-
delt werden möchten, nach und nach 29 352 281 polnische Gulden
(zirka 14½ Millionen Mark) aus der herzoglichen Domanialkasse
vor. Preußen verweigerte dagegen die Herausgabe der Papiere
über die Bayonner Forderungen, belegte das Eigentum seiner
Warschauer Schuldner und dann überhaupt alle Besitzungen von
Untertanen des Herzogtums Warschau in Preußen mit Beschlag,
worauf dann die Warschauer Regierung mit ähnlichen Maßregeln
antwortete. Diese gegenseitige Beschlagnahme wurde aber durch
eine Ubereinkunft vom 10. Sept. 1810 aufgehoben und zugleich
über anderc strittige Punkte Einigung erzielt. Da sich hierbei
der sächsische König Preußen sehr entgegenkommend zeigte, so
hatten die Vereinbarungen nicht den Beifall des Kaisers. Somit
ließ der König von Sachsen seine Konzessionen zum Teil wieder
fallen, gab aber doch 1811 die Ansprüche der Berliner Witwen-
kasse und mehrerer anderer milden Stiftungen und 1812 auch
noch weitere 2 Millionen Taler frei. Die Verhandlungen wurden
sortgeführt, bis der Krieg von 1812 den Umschwung aller Dinge
einleitete. Der Friede von 1815 zwischen Preußen und Sachsen
hob dann die Bayonner Konvention gänzlich auf.