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des bisherigen Souveräns, sie sei ferner rechtsgültig auch nur
für die Mächte, die sie anerkannt hätten, und also sei jeder Ver—
zicht auf die Souveränität nichtig, wenn er nicht in voller Frei—
heit ausgesprochen würde. Mit gutem Instinkt erkennt der so-
eben unter Preußens Zustimmung eingesetzte Bourbone die Ge-
fahr, die von einem in Deutschland die vorwiegende Macht bil-
denden Preußen dem neuen Frankreich drohen würde; „es würde
durch die Erwerbung Sachsens einen ungeheueren und entscheiden-
den Schritt tun nach dem Ziele der völligen Beherrschung Deutsch-
lands.“
Mit jener Veröffentlichung Wendts war das Signal zu einem
heftig entbrennenden Federkriege gegeben, dessen einzelnen Er-
scheinungen nachzugehen nicht notwendig ist, einmal weil er keine
erquickliche Aufgabe bietet, zum anderen aber, weil dieser Feder-
krieg auf die schließliche Entscheidung in Wien verhältnismäßig
recht wenig Einfluß gehabt hat. Denn dort waren ganz andere
Interessen maßgebend, vor allem traten hier Kaiser Alexanders
polnische Pläne in den Vordergrund. Wenn der Zar ein König-
reich Polen in Personalunion mit Rußland ungefähr in den
Grenzen vor den beiden letzten Teilungen wiederherstellte, dann
mußte für die Preußen seit 1807 verloren gegangenen polnischen
Teile seines Staates ein Ersatz geschaffen werden, und dieser konnte
nur in dem bis zuletzt der nationalen Erhebung widerstrebenden
Sachsen gesucht werden. Nebenher aber erwachte auch der Ge-
danke einer Teilung Sachsens, der für viele Kreise noch nichts
so Abschreckendes hatte, wie ein völliges Aufgehen im preußischen
Staat. Nach dieser Seite ist eine Stelle aus einer der Feder des
Fürsten Repnin entflossenen Erklärung, die er an seinen bisherigen
Gehilfen, den Staatsrat Merian am 25. Febr. 1815 richtete, recht
bezeichnend: „Ich klage die hohen Beamten an, die ganz ebenso
wie ich überzeugt waren, daß die Rückkehr des Königs nicht ohne
die Zerreißung ihres Vaterlandes stattfinden konnte. Diese selbst-
suchtigen Menschen haben lieber das Unglück ihres Vaterlandes
bewirken, als ihre persönlichen Vorteile verlieren wollen. Die
Sachsen wollten ihren Fürsten wieder haben und gaben durch
ihr Betragen eine moralische Unterstützung den Absichten jener