Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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lösung und Wahlrecht mit ihm völlig übereinstimmte, doch nur 
Zschinsky in der Kammer ernstlich Friesens Standpunkt verteidigen 
half. Rabenhorst war von seinem Ressort zu sehr in Anspruch 
genommen, und Behr, nebenbei eine ängstliche Natur, entbehrte 
zu sehr der politischen Einsicht in die Lage; Beust aber ließ, ohne 
daß er sich in direkten Gegensatz zu seinen Kollegen gestellt hätte, 
in privater Unterhaltung mit einflußreichen Kammermitgliedern 
und auch sonst durchblicken, daß es ihm persönlich schließlich nicht 
so sehr darauf ankomme, ob das Ablösungs= und Wahlgesetz in 
dieser Session noch durchgebracht würde. Solche Ansichten wurden 
auch in den beiden vorerwähnten konservativen Blättern, der 
„Fackel“ und der „Freimütigen Sachsenzeitung“, entwickelt. Nach- 
dem noch ein längerer Kampf zwischen der zweiten und ersten 
Kammer stattgefunden hatte, weil jene von den Entschädigungs- 
ansprüchen dieser namhafte Abstriche machte, kam endlich ein Kom- 
promiß zustande, wonach die Ritterschaft gegen eine einmalige 
Barzahlung des 20 fachen Betrags der ihnen jährlich zufließenden 
Einkünfte aus guts= und schutzherrlichem Verbande, aus Patri- 
monialgerichtsbarkeit und gutsherrlicher Polizei und aus son- 
stigen Privilegien die Ablösung anerkannte. Das Gesetz vom 
15. Mai 1851 veröffentlichte das schließliche Ergebnis. Schon 
einige Monate vorher war am 10. Febr. 1851 der den Geistlichen 
und Lehrern zukommende Zehnte mit einer von den zum Zehnten 
Verpflichteten zu übernehmenden jährlichen Rente von 120000 
Talern auf 55 Jahre hinaus abgelöst worden, indem man den 
Kapitalwert der bisherigen Leistungen auf 3 Millionen Taler 
berechnete. Es wurde zwar vielfach behauptet, daß dieser Ansatz 
zu niedrig gegriffen sei, und daß im Durchschnitt der einzelne 
um ein Sechstel seines bisherigen Zehnteneinkommens geschädigt sei. 
Abgesehen von der Fragwürdigkeit solcher Berechnungen ward die 
Ablösung schließlich doch von beiden Teilen willkommen geheißen. 
Durch einige Abänderungen im Volksschulgesetz wurde überdies den 
Elementarlehrern eine nicht unerhebliche materielle Verbesserung 
zuteil; freilich fühlte man sich in deren Kreisen durch die verschärfte 
politische Aufsicht beengt. 
Der Hauptzweck aber, um dessentwillen diese Kammer be-
	        
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