Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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zweiten Teiles dieser Klagen einigermaßen richtig. Der erste 
Teil erledigte sich bei der politischen Lage aus den soeben an- 
geführten Gründen von selbst. Preußen hatte einfach, mit kurz- 
entschlossener Hand die Gelegenheit ergreifend, nur das getan, 
was das Wohl der Gesamtheit erforderte, zunächst zwar zum 
eigenen Vorteil, aber doch den anderen Mitgliedern den Zutritt 
freistellend. Aber gerade diese Form verletzte. Es konnte kein Zweifel 
obwalten, daß mit dem Aufkündigen der Verträge angesichts der 
vollendeten Tatsache eine Kraftprobe versucht werden sollte, ob 
denn wirklich die so zu Osterreich hinneigenden Mittel= und Klein- 
staaten wirtschaftlich auch ohne den Anschluß an Preußen aus- 
kommen könnten, und dieses schroffe Experiment schien zunächst 
tatsächlich dahin zu wirken, daß die brüskierten Staaten sich vom 
Zollverbande lossagen würden. Dem entsprach die Stimmung 
im sächsischen Ministerium, wo Friesen dringlichst mahnte, von 
jeder Empfindlichkeit gegen Preußen abzusehen und vor allem 
das eine im Auge zu behalten, daß der Zollverein auf keinen 
Fall wegen solcher Verstimmungen in die Brüche gehen dürfe. 
Sein Kollege Behr, der Finanzminister, teilte völlig seine An- 
schauung, Rabenhorst und Zschinsky bekannten dagegen, zu wenig 
von der Sache zu verstehen. Beust schien völlig mit Friesens 
Ansichten im Einklang zu stehen. In Wahrheit war er anderer 
Meinung und lauschte gern den Sirenenklängen, die von Wien 
herübertönten. Seine Ansicht ließ er durch dle ihm ergebenen 
Zeitungen verkünden. Die Aufnahme von Hannover mit dem 
ihm gewährten Präzipuum und der zugestandenen Ermäßigung 
der Kolonialwarenpreise koste Sachsen mindestens 200000 Taler 
jährlich. Er ließ ferner im „Dresdener Journal“ erklären: „Wir 
stellen den Wert, den der Zollverein für Sachsen hat, sehr hoch; 
aber wir stellen den Wert, den Sachsen für den Zollverein hat, 
nicht eine Linie niedriger.“ 
Was aber Osterreich anlangte, so hatte es zur Vertretung 
seiner Interessen in dem handelspolitischen Ausschusse einen seiner 
besten Volkswirte, den Ministerialrat Dr. Hock nach Frankfurt 
gesandt, während sich Bismarck den Unterhändler beim Bündnis 
mit Hannover, den Geh. Rat Delbrück zur Seite hatte stellen 
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