Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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nunmehr erklärte, ohne den Zutritt der süddeutschen Staaten 
habe die Vereinbarung mit Preußen keinen Wert mehr für 
ihn. Schon am 29. Juli ergingen von Wien aus gleich- 
lautende Depeschen an die sächsische und an die anderen im 
Januar zu Wien versammelt gewesenen Regierungen, daß Oster- 
reich nur auf Grund einer Zollvereinigung mit Preußen zu 
verhandeln gewillt sei, diese Verhandlungen müßten vor Ab- 
schluß des neuen Zollvereins zu Ende gediehen sein, und des- 
halb würde Osterreich von denjenigen Staaten, die am 16. Aug. 
Bevollmächtigte nach Berlin schicken würden, annehmen, daß sie 
von den Wiener Vereinbarungen zurücktreten wollten. Ja, zum 
Schlusse verlangte Osterreich von sämtlichen verbündeten Re- 
gierungen eine Erklärung noch vor dem 16. Aug., daß sie 
in keine Verhandlungen mit Preußen eintreten würden, wenn 
dieses nicht vorher den Darmstädter und Wiener Forderungen 
zugestimmt hätte. Diese Wendung der Sache verbreitete große 
Bestürzung unter den Darmstädter Verbündeten. Nachdem man 
ebenso leichtfertig wie unnötig mit dem Feuer gespielt hatte, sah 
man sich jetzt selbst zwischen zwei Feuer gebracht. Namentlich 
für Sachsen gestaltete sich die Sache sehr schwierig. Seine wirt- 
schaftliche Lage konnte eine gewissenhafte Regierung gar nicht 
daran denken lassen, aus dem Zollvereine zu scheiden oder wesent- 
liche Anderungen daran gut zu heißen, und darum war es von 
Beust ein sehr frivoles Spiel, daß er sich durch die Zuneigung 
zu Osterreich und seine Abneigung gegen Preußen zum Werk- 
zeuge der österreichischen Politik machen ließ. Schon als zu Anfang 
des Jahres 1852 Kunde von der beginnenden Krisis des Zoll- 
vereins in die Offentlichkeit gedrungen war, hatte sich in Sachsen 
große Beunruhigung verbreitet. 21 Mitglieder der zweiten Kam- 
mer machten an den Minister von Friesen durch den Abgeord- 
neten Schramm eine Eingabe, in der die Unterzeichner erklärten, 
daß sie die Erhaltung des Zollvereins als eine Lebensfrage für 
Sachsen und seine Industrie betrachteten, seine Auflösung aber 
als das größte Unglück für das Land ansehen würden. In ähn- 
licher Weise äußerten sich Kammern und Zeitungen in anderen 
Zollvereinsstaaten, namentlich in Nassau, wo sich ein Petitions-
	        
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