— 281 —
Ehe wir in den allgemeinen deutschen Angelegenheiten weiter
gehen, muß noch eine speziell sächsisch-zollvereinliche Sache er—
wähnt werden. Es ist früher der großen Schwierigkeiten gedacht
worden, die bei den Verhandlungen Sachsens mit Preußen über
den Eintritt in den Zollverein betreffs der Leipziger Messe er—
wuchsen, deren ganze Bedeutung auf der zollfreien Anfuhr der
Waren beruhte. Man war schließlich dahin übereingekommen,
daß hervorragenden und zuverlässigen Leipziger Handlungshäusern
das sog. Kontierungsprivilegium gewährt wurde. Es bestand
darin, daß ihnen die natürlich unter Kontrolle stehende Einfuhr
der betreffenden Waren ohne Erlegung des sonst üblichen Zolls
gestattet war; dieser wurde zunächst nur, und daher der Aus-
druck, ihrem Konto belastend zugeschrieben; verzollt wurde von
den beteiligten Firmen dann nur, was sie wirklich verkauften,
was unverkauft ins Ausland zurückging, wurde von ihrem
Konto wieder abgeschrieben und natürlich zu gegebenen Zeiten
die Bilanz gezogen. Damals hatte nun die sächsische Regierung
den übrigen Zollvereinsregierungen gegenüber die Verpflichtung
übernommen, jenes eben nur ganz zuverlässigen Häusern zu ge-
währende Kontierungsprivilegium bei dem geringsten Mißbrauche
wieder zurückzuziehen. Es hatten aber tatsächlich die meisten dieser
begünstigten Handelshäuser anderen, namentlich Berliner Handels-
häusern gestattet, die von diesen im Auslande erkauften Waren
nach Leipzig zu dirigieren und von da ihren Bedarf zu bestreiten.
Ob durch diesen Geschäftsgang, wie der Minister von Friesen
in seinen Erinnerungen meint, der Zollvereinskasse gar kein
Schaden erwachsen sei, da sich die Sache doch auch so
immer wieder durch den Verkauf der Waren oder deren
Rücksendung an die ausländische Bezugsquelle ausgeglichen
habe, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls hatten die preu-
ßischen Behörden schon 1853 solche Unregelmäßigkeiten bei
einem bedeutenden Berliner Hause entdeckt, dem sächsischen
Finanzministerium unter dem 17. Juli davon Kenntnis gegeben
und gegen alle beteiligten Firmen die Einziehung des Kontierungs-
privilegs beantragt. Die sächsische Regierung war natürlich be-
strebt, dieses, wenn auch voll berechtigte, so doch drakonische Ver-