Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Ehe wir in den allgemeinen deutschen Angelegenheiten weiter 
gehen, muß noch eine speziell sächsisch-zollvereinliche Sache er— 
wähnt werden. Es ist früher der großen Schwierigkeiten gedacht 
worden, die bei den Verhandlungen Sachsens mit Preußen über 
den Eintritt in den Zollverein betreffs der Leipziger Messe er— 
wuchsen, deren ganze Bedeutung auf der zollfreien Anfuhr der 
Waren beruhte. Man war schließlich dahin übereingekommen, 
daß hervorragenden und zuverlässigen Leipziger Handlungshäusern 
das sog. Kontierungsprivilegium gewährt wurde. Es bestand 
darin, daß ihnen die natürlich unter Kontrolle stehende Einfuhr 
der betreffenden Waren ohne Erlegung des sonst üblichen Zolls 
gestattet war; dieser wurde zunächst nur, und daher der Aus- 
druck, ihrem Konto belastend zugeschrieben; verzollt wurde von 
den beteiligten Firmen dann nur, was sie wirklich verkauften, 
was unverkauft ins Ausland zurückging, wurde von ihrem 
Konto wieder abgeschrieben und natürlich zu gegebenen Zeiten 
die Bilanz gezogen. Damals hatte nun die sächsische Regierung 
den übrigen Zollvereinsregierungen gegenüber die Verpflichtung 
übernommen, jenes eben nur ganz zuverlässigen Häusern zu ge- 
währende Kontierungsprivilegium bei dem geringsten Mißbrauche 
wieder zurückzuziehen. Es hatten aber tatsächlich die meisten dieser 
begünstigten Handelshäuser anderen, namentlich Berliner Handels- 
häusern gestattet, die von diesen im Auslande erkauften Waren 
nach Leipzig zu dirigieren und von da ihren Bedarf zu bestreiten. 
Ob durch diesen Geschäftsgang, wie der Minister von Friesen 
in seinen Erinnerungen meint, der Zollvereinskasse gar kein 
Schaden erwachsen sei, da sich die Sache doch auch so 
immer wieder durch den Verkauf der Waren oder deren 
Rücksendung an die ausländische Bezugsquelle ausgeglichen 
habe, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls hatten die preu- 
ßischen Behörden schon 1853 solche Unregelmäßigkeiten bei 
einem bedeutenden Berliner Hause entdeckt, dem sächsischen 
Finanzministerium unter dem 17. Juli davon Kenntnis gegeben 
und gegen alle beteiligten Firmen die Einziehung des Kontierungs- 
privilegs beantragt. Die sächsische Regierung war natürlich be- 
strebt, dieses, wenn auch voll berechtigte, so doch drakonische Ver-
	        
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