Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Bewußtsein zu bringen, das Ganze mit seinen Blicken zu umfassen 
und doch auch das Kleine nicht aus den Augen zu verlieren, mit 
Wohlwollen stark und mit Stärke wohlwollend zu sein. Mit Sachsen 
aber trauerte das ganze deutsche Vaterland, an dessen Einheit er 
unter den Vorkämpfern mitgeschaffen, dessen Machtstellung nach 
innen und außen er als der getreuesten Reichsfürsten einer in 
stillem, klugem Walten aufrechtzuhalten in allen Jahren seines 
Königtums mitgeholfen hatte. 
Noch einmal war es den treuen Sachsen vergönnt, einen 
liebenden, tränenumflorten Blick auf ihren wie in stillem, fried- 
lichem Schlummer liegenden König zu werfen, als nach der Über- 
führung nach Dresden am Abend des 21. Juni die Aufbahrung 
in der Schloßkirche erfolgt war, und nun am 22. und 23. Juni 
Tausende und aber Tausende in stiller Wehmut und tiefster Er- 
griffenheit an den sterblichen Überresten ihres geliebten Königs 
vorüberwallten, um zu den sichtbaren Kränzen äußerer Trauer 
auch die unsichtbaren der innersten Dankbarkeit und schmerzlichsten 
Empfindens zu fügen. Unter jenen Kränzen aber befand sich auch 
der der Königin Carola mit dem schlichten und doch so vielsagenden 
Worte: „Dem einziggeliebten Manne!“ 
Am Abend des 23. Juni kündeten Glockenklang und der dumpfe 
Donner der Kanonen, daß König Albert zur letzten Ruhe gebettet 
wurde. Wohl in voller Zahl waren die Fürsten Deutschlands 
gekommen, um ihm die letzte Ehre zu geben, an ihrer Spitze Kaiser 
Wilhelm II., der so oft es ausgesprochen hatte, wie viel ihm der 
Entschlafene gewesen. Und auch Kaiser Franz Josef war herbei- 
geeilt, um von einem wahren, vielleicht seinem einzigen Freunde 
Abschied zu nehmen, dessen Verlust ihm um so schmerzlicher sein 
mußte, als es in den letzten Jahren immer einsamer um ihn ge- 
worden war. Wer immer aber an dieser letzten Feier persönlich teil- 
nahm oder mit seinen Gedanken dabei weilte, sagte sich, daß mit 
König Albert der Vertreter der glücklichsten Zeit des Sachsenlandes 
im 19. Jahrhundert und der ruhmreichsten Periode des gesamten 
deutschen Vaterlandes in die Gruft gesenkt wurde. Und wie es 
im Armeebefehle des Kaisers Wilhelm hieß: „Im Gedächtnis 
des Volkes wird der Held von St. Privat, der Führer der Maas-
	        
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