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und schlecht, wie man allgemein glaubt, oder geglaubt hat. Die Händler,
Krämer, Hausirer, Zubußboten u. s. w. hatten ein Interesse daran,
die Zustände möglichst armselig darzustellen, von einem permanenten
Elend zu erzählen, das Mitleiden zu wecken und rege zu halten, und
so war es nicht zu verwundern, daß man draußen im Niederlande
glaubte, die traurigen Hungersnothzustände seien die Ernährungs—
zustände im Gebirge überhaupt. Im Großen und Ganzen lebte man
im Gebirge nicht schlechter, oder wenigstens nicht viel schlechter, wie
im Niederlande. Fleisch aß man ja überhaupt seltener, weniger regel—
mäßig; starker Brei von Mehl, Kartoffeln, dicke Suppen u. s. w.
waren vorwiegend in Gebrauch. Selbst in den wohlhabenden Gegenden
des Hügellandes gab es ja „in der Woche“ kein Fleisch, höchstens
einmal Wurst, und sonst dicke, mehlreiche Breispeisen.
Ueber die Ernährungsverhältnisse, wie sie sich im Laufe und
unmittelbar nach Ende des dreißigjährigen Krieges gestaltet hatten,
also die Zeiten des größten Elendes und der größten Bedrängniß,
schreibt M. Christ. Lehmann: „An etlichen gebirgischen Orten wächst
wenig Getreide außer Haber, daraus sich die Inwohner Haberbrod,
Habergrütz, Habersuppen, Haberbier (so schlecht) bereiten und sich dabei
wohl befinden, stark und lebhafft werden. Es giebt alte Wald= und
Dorfleute, die sich von Jugend auf an die Milchspeisen gewöhnt,
Schotten und Buttermilch zu ihrer Notturft getrunken und ein hohes
Alter erreichet.““)
In dem Maaße als sich die Bewohner des Gebirges von den
Drangsalen des dreißigjährigen Krieges erholten, und der Wohlstand
sich mehrte, stieg auch der Stand der Ernährung; wie wenig dieß
aber ausmachte, nachdem auch die Bedrängnisse des siebenjährigen
Krieges überwunden waren, ist aus den Schriftstellern vom Ende des
18. Jahrhunderts zu ersehen.
„Die Kost kann nicht einfacher sein. Neben dem dürftigen Brot,
das nicht allein aus Korn, sondern, wenn auch selten, auch aus Gerste,
Hafer, oder aus allen dreien Getreidearten gebacken wird, bildet die
Kartoffel die Hauptspeise. Sie erscheint fast bei jeder Mahlzeit auf
dem Tische und wird gewöhnlich mit Salz (früher auch mit Leinöl)
das übrigens für viele Speisen die Zukost ist, und wenns hoch
kommt, mit Hering genossen. Aus der Kartoffel bereiten die Erz-
gebirger auch ihre Lieblingsspeise, den Götzen, auch Stampen, Bambes
oder Rauhemahd genannt. Milch= oder Mehlsuppe, Grütze und ver-
schiedene Qualitäten von Brei kommen häufiger auf den Tisch. Klöße
sind ein Leckerbissen (besonders Mehlklöse). Das Lieblingsgetränk des
*) Lehmann, Histor. Schauplatz. S. 918.