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Hering und Semmelmilch nicht fehlen durften. Bei der Bescheerung
hatte sich die Pyramide (Peremette, Pergemide) vollständig eingebürgert;
die sogenannte Weihnachtstanne, der Christbaum, war selten. Die
Peremette war vom Vater selbst gebaut, und gab ein beredtes Zeugniß
von seiner Geschicklichkeit und seinem Geschmack. Besonders beliebt
war das Anbringen von durch die Wärmestrahlung in Bewegung
gesetzter Figuren (Menschen, Thieren, Jagden, Bergmännern, Berg-
aufzügen, Bergwerken, Schattenspielen u. s. w.).
Die Weihnachtsspiele sind nicht mehr im Gebrauch.
Der Hochzeit geht der Polterabend voran, an welchem die
bösen Geister durch möglichst viel Lärmen verscheucht werden sollen.
Was von alten Töpfen, Schüsseln und Tellern nur aufzutreiben ist,
wird an der Thür der Braut zerschlagen, und je größer der Haufen
Scherben, über welchen sie schreiten muß, um so größer ihr häusliches
Glück. Die Ausstattung der Braut wird durch den festlich geschmückten
Kammerwagen, auf welchem in früheren Zeiten der Spinnrocken
und später der Klöppelsack nicht fehlen durfte, nach der Wohnung des
jungen Paares gebracht.
Bei der Fahrt nach der Kirche erhielt der Kutscher ein buntes
Tuch vorgesteckt, und auf dem Wege zur Kirche wurde das Braut-
paar, mochte es nun gehen oder fahren, wiederholt aufgehalten, da-
mit es glücklich werde. Regen in den Brautkranz verheißt auch hier,
wie anderwärts Reichthum.
Beim Hochzeitstanze suchen die jungen Leute die Braut zu
rauben, welche der Ehemann auslösen muß; sodann wird der Myrthen=
kranz mit einer gewissen Feierlichkeit abgenommen und die junge Frau
erhält eine Haube, der junge Ehemann eine Sackmütze aufgesetzt.
Bei Kindtaufen dürfen die Pathen weder Messer noch
Schlüssel einstecken, um dem Kindchen keinen Unsegen zu bringen; bei
der Mahlzeit müssen sie von allen Gerichten essen. Die Gevattern unter
einander schenken sich gewisse Liebereigaben, und beim Kindtaufschmause
geht der Sammelteller für Armenkasse und Schulkasse um den Tisch.
Am Abend vor dem Begräbnißtage wird der Todte aufgebahrt
und im Hause ausgestellt. Alle Freunde und Bekannte, ja wohl alle
Dorfbewohner kommen, um von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen,
und wer irgend kann, geht mit zu Grabe. In feierlichem Zuge, mit
Gesang und Trauermusik und unter zahlreichem Geleite wird der
Verstorbene zur Ruhe gebracht.“"
*) Dr. M. Spieß, Aberglaube, Sitten und Gebräuche im sächs. Ober-
erzgebirge. Herm. Arnold, Sitten und Gebräuche im Erzgebirge. (Glückauf,
Zeitschrift, 187. S. 105 ff.) G. Mosen, Erzgebirgische Weihnachtsspiele.
Zwickau. 1861.