— 186 —
bei den frühmittelalterlichen Anlagen nachzuweisen, besonders in dem
Bau der Hauptthürme, bei welchen schon durchlaufende, winkelrechte
Schichten von großen Werkstücken zu bemerken sind.
Wurde vor der Umfassungsmauer noch eine niedrigere Ver—
theidigungslinie angelegt, so bezeichnete man sie als Zwinger
(Zingel, Zingolf), Derselbe hatte nach Befinden seine Vorsprünge,
runden oder eckigen Halbthürme, welche jedoch die Brustwehr niemals
überragten, und vor sich den Wallgraben, oder den Berg= oder
Felsenabhang.
In dem Vorhofe der größeren Burgen, der in der Regel niedriger
gelegen war, als der Haupthof, lagen die Ställe und Wirthschafts-
gebäude, die Wohnungen der Dienstmannen, die Thorwache u. s. w.
meist an die Außenmauer angefügt, aber auch als selbständige Ge-
bäude. Burgeinwärts wurde der Vorhof der Burg durch eine Quer-
mauer vollständig abgeschlossen. Ein mit allen Vertheidigungsmitteln
versehenes Thor führte zum Haupt= oder Innenhof.
Der innere Burghof (Ballium, Bayle), welcher die eigentliche
Hauptburg umgab, enthielt den Palas (palatium), die Kemenate
(Frauenhaus) und den Bergfriet (beffroj, benfredus, balfredus,
Luginsland, Hauptthurm, Bergfried).
Der Palas, das Hauptgebäude der Burg, über die andern
Wohn-, Stall= und Wirthschaftshäuser weit emporragend, hatte ein
durch eine vor demselben liegende Freitreppe zugängliches Hochparterre
(oder Stockwerk), in welchem der mit Kaminen versehene Hauptsaal
der Burg lag. Trotz der interessanten und übertriebenen Schilderungen
wunderbarer Palasbauten (z. B. im Parcival, 589) waren die Räume
klein und eng und erst in den später angelegten Burgen wurden sie
größer erbaut. Der Palas stand meist auf der Thalseite der Burg.
Das Erdgeschoß enthielt die Küche, wenn dieselbe sich nicht in einem
besonderen Gebäude befand. Hier standen Heerd, Rost und Kessel,
an welchem die Köche schalteten. Es ist niemals von Köchinnen die
Rede. In der Nähe waren die Vorrathsräume für die Lebensmittel;
in großen Burgen besondere Vorrathshäuser (Magazine).
Die Dienerschaft 2c. war in einem oder mehreren Seitengebäuden
untergebracht.
Die Frauen bewohnten in allen größeren Burgen ein besonderes.
Gebäude, die Kemenate (Weiberhaus), in welchem mit Gadem das.
durch einen Ofen heizbare Hauptzimmer bezeichnet wurde.
Im Allgemeinen waren die Gemächer klein; die Fenster, welche
in den Hauptzimmern schon frühzeitig mit Glasscheiben versehen waren
(Parcival 553, 4), lagen in tiefen Nischen der starken Mauern.
Häufig wurden gekoppelte Fenster angelegt.