Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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des Innern die Uhrmacherschulen zu Paris, Besancon, Cluses (in 
Ober-Savoyen), Genf, Neuenburg, Biel, Locle, Chaux-de-fonds und 
St. Imier, um die innere Einrichtung und die wirthschaftlichen Ver- 
hältnisse dieser Schulen kennen zu lernen. Auf Grund der gesammelten 
Erfahrungen, vom Gemeinderath und den Uhrenfabrikanten von 
Glashütte unterstützt, wurde am 1. Mai 1878 mit zehn Schülern 
die Uhrmacherschule eröffnet. Dem Wachsthum und den Bedürfnissen 
der Schule entsprechend wurde im Sommer 1880 auf dem von der 
Stadtgemeinde geschenkten geräumigen Bauplatze mit Beihilfe der 
königl. sächs. Regierung aus den Mitteln des Verbandes deutscher 
Uhrmacher das neue, zweckmäßig eingerichtete Gebäude der Uhrmacher- 
schule erbaut und am 14. Mai 1881 von den 42 Schülern der 
Uhrmacherschule feierlich bezogen. Die deutsche Uhrmacherschule ist in 
der günstigen Lage, daß der theoretische Unterricht ausschließlich von 
Fachmännern ertheilt wird. 
Der Unterricht, welcher in der Regel 2 bis 3 Stunden täglich nicht 
übersteigt, umfaßt: Zahlenlehre, Geometrie, Trigonometrie, analytische Geo- 
metrie, Grundbegriffe der Differential= und Integralrechnung, Linear- 
zeichnen, Physik, Mechanik, Theorie der Uhrmacherei, französische 
Sprache und Buchführung. In der mündlichen Prüfung 1885 wurde 
bei der ersten Classe über Theorie der Uhrmacherei die Aufgabe: 
„Die Theorie des bimetallischen Stabes nach Villarceau mit An- 
wendung auf Compensation“ — eine Aufgabe, welche eine ziemliche 
Fertigkeit in der Anwendung der höheren Mathematik voraussetzt, 
in vorzüglicher Weise durchgeführt. 1886: Die „Anwendung der 
Differential= und Integralrechnung auf die Bestimmung der genauen 
Schwingungsdauer des Kreispendels.“ 1887: „Zeitdauer der Un- 
ruheschwingung mit Berücksichtigung der Zapfenreibung.“ 1888: „Die 
Gesetze des freien Falles unter Berücksichtigung der Veränderlichkeit 
der Schwere.“ Die praktischen Arbeiten richten sich nach dem 
Standpunkte der Schüler. Die dritte Classe umfaßt ausschließlich 
Schüler im ersten Lehrjahre. Sie erhalten eine gründliche Vorbildung 
im Feilen und Drehen; die weiter vorgeschrittenen Schüler dieser Classe 
gehen zur Uhr oder zum Gangmodell über; es wird aber streng 
darauf gehalten, daß die Schüler erst die einfacheren Arbeiten correct 
ausführen, ehe sie zu den schwierigeren übergehen. In der zweiten 
Classe werden schon Schleif= und Polirmaschinen, Rädermaße, 
Mikrometer, Gangmodelle und Uhrwerke, sowie kleinere Werkzeuge 
und Hülfsmaschinen angefertigt, endlich auch leichtere Reparaturen 
ausgeführt. Die erste Classe fertigte Taschenuhren mit Bügelaufzug, 
mit Chronometerhemmung, mit Chronograph, Chronometer, Marine- 
Chronometer, ganz vollendet und theilweise regulirt, Stutzuhren mit
	        
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