Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

— 237 — 
lexikon. 1818.) Das Gebiet der Strohflechterei umfaßte zu Anfang 
dieses Jahrhunderts etwa 6 Quadratmeilen (— 330 O km); von 
Lockwitz einerseits bis über Burkhardswalde, andrerseits bis Possen- 
dorf, Welschhufe, Nöthnitz und Kaitz. Sie beschäftigte gegen 5000 
Menschen. Man fertigte Bauernhüte in Lockwitz und Maxen, Mode- 
hüte in Dresden und Kreischa. 
In den früheren Zeiten machte man nur Kappen, Kiepen 
(sogenannte Pferdeköpfe) und Tyrolerhüte von ungeheurem Umfange 
mit herabhängendem Rande, hauptsächlich für das Inland, aber auch 
für das Brandenburgische und für Niedersachsen. Die feineren Ge- 
flechte waren zu dieser Zeit noch unbekannt. Geflochten wurde in 
allen Strohdörfern; genäht aber nur in Kreischa, Lockwitz, Maxen 
und Dresden. 
Durch M. Berber in Lockwitz wurde 1711 die Strohflechterei 
eingehend beschrieben. 
„Es ist bekannt, sagt derselbe, „daß in der Gegend der Stadt Dreßden, 
auf zwei Meilen ungefähr im Umkreise, von viel tausenden Einwohnern 
in Dörfern und kleinen Städten, als Dohna, Dippoldiswalde, Wils- 
druff 2c. das Waitzen-Stroh so künstlich geflochten wird, daß daraus 
artige, wohlformirte Stroh-Hüte werden, kostbar und auch wohlfeil, 
wie man sie haben will. Ein Hut aus groben oder starken Stroh- 
halmen gemacht gilt 2, 3 bis 4 Gr., einer von mittler Art 6 bis 
8 Gr., noch klärer 10 bis 12 Gr. Sie können aber aus den 
zartesten und klärsten Strohhalmen so zarte Hüte machen, die einen 
Thaler bis dreißig Groschen kosten. Und dazu flechten sie das Waitzen- 
Stroh (Rockenstroh gehet nicht an, weil es zu hart ist) auf vielerlei 
Art. Eine Art nennen sie Breites, die andre Mittels, die dritte 
Zanken, die vierte Binten; welche beide letztere dem Strohhut die 
Zierrath und Gestalt geben müssen." 
Berber schildert dann die Bereitung des Strohes, das Flechten 
durch Kinder, und erwähnt des Bleichens durch Schwefel, „wie sie 
dann auch das ausgesonderte Stroh in gewissen Fässern mit an- 
gezündetem Schwefel noch weißer zu machen wissen“. 
„Die Strohhüte werden in großen Leinwand-Züchen wie Wolle 
oder Hopfen eingepackt und fuderweise nach Leipzig auf die Messen 
und von denen in andere Länder als Thüringen und Niedersachsen 
verführet. Es werden auch im Sommer offt ganze Schiffe voll auf 
der Elbe in die Mark Brandenburg geführt und sind viele die damit 
handeln, zu großem Vermögen kommen. Es werden allein an diesem 
Orte, wo ich wohne (Lockwitz) jährlich für etliche tausend Thaler solche 
Strohhüte gemachet und verkauffet: Es ist auch die Abführung so 
stark, daß die Leute nicht genug von dieser Waare machen können.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.