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und wird sowohl von einzelnen kleinen Meistern, als auch in größeren
Fabriketablissements betrieben, unter welchen letzteren das der Sächsischen
Holzindustrie-Gesellschaft obenan steht. Man rechnet für Rabenau
ca. 600 männliche und 150 weibliche Arbeiter für die Holzbearbeitung,
gegen 300 Frauen und Mädchen und gegen 100 Kinder für das
Vorrichten und Flechten des Rohres und kann die in der Umgegend
beschäftigten ungefähr gleich hoch veranschlagen. Der Anfertigung
ordinärer und feinerer Stühle hat sich die Fabrikation gebogener
Möbels angefügt, welche einen sehr guten Ruf erlangt haben und
den Fabrikaten der großen Wiener Firmen ebenbürtig sind. Rabe-
nauer Stühle gehen in großer Anzahl nach dem ganzen Deutschen
Reich, besonders nach dem Rhein, aber auch nach Oesterreich, den Donau-
ländern, England, Schweden und Norwegen, Aegypten und Amerika.
Die Gesammtproduktion steigt in günstigen Jahren auf mehr als
24 000 Dutzend. — Die zu verarbeitenden Hölzer werden aus weiter
Ferne bezogen; selbst die im Inlande seltener gewordene Birke muß
aus dem hohen Norden ersetzt werden. Die Arbeiterverhältnisse werden
als gesunde gerühmt; der Wohlstand des Städtchens ist deutlich er-
kennbar und macht einen vortheilhaften Eindruck.
Von Rabenau geht man nach der Barbarakapelle und dem Ein-
siedlersteine. Wer Rabenau schon kennt und die Stuhlfabrikation nicht
in Augenschein nehmen will, fährt am zweckmäßigsten von der großen
Mühle bis Seifersdorf mit der Eisenbahn und geht von da auf dem
Oelsaer Wege bis auf die Höhe. Links des Weges steht noch eine
ziemlich gut erhaltene Stations= und Betsäule, welche Konrad Theler
Mitte des 14. Jahrhunderts nach seiner Rückkehr von der Wallfahrt
nach Jerusalem errichten ließ. Geht man von Rabenau aus, so folgt
man dem Wege nach Oelsa, auf dem man einen guten Ausblick in
das waldbegrenzte, herrliche Wiesenthal des Oelsenbaches hat, und
durch Oelsa, ein Umweg von fast ¼ Stunde, aber dem langweiligen
Wege über das grüne Waldschlößchen an dem der Agxt erliegenden
Götterbüschchen bei Weitem vorzuziehen. Man betritt den Wald auf
dem breiten, nach Dippoldiswalde führenden Fahrwege und erreicht
in nicht ganz 10 Minuten die Ruine der östlich von der Straße
liegenden Barbarakapelle. Auf der Generalstabskarte ist sie die „Klaus-
nitzkirche“ benannt; früher wurde sie häufig die Klausenkirche genannt;
wahrscheinlich weil sie dem h. Nicolaus geweiht gewesen war. Sie
gehörte dem Kloster Altenzelle und war eine Station für fromme
Wallfahrer auf dem Wege nach dem Kloster. Sie wurde 1549 auf
Befehl Johann's VIII., Bischofs von Meißen, zerstört, da sie die
Reformation angenommen hatte. Das Altarbild und die Glocken
kamen in die Kirche von Seifersdorf. Die einfache Ruine, von der