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an einen Wassergraben, längs dessen man bis zur Krummhenners-
dorfer (oder Becker-Mühle geht (3 km von der Ziegelei). Durch
mäßig hohes Nadelholz gelangt man an das Ufer der Bobritzsch,
welches, durch Laub= und Nadelholz besetzt, auf beiden Ufern gut
bewaldet, eine theilweis nur wenige Schritte breite, aber im herrlichsten
Grün prangende Wiesenfläche einfaßt, in welcher das helle Wasser
der Bobritzsch über Felsenstücke und Querriegel schäumend und tosend
dahinstürzt, um von Zeit zu Zeit an einer ausgebuchteten Stelle mit
klarem Wasserspiegel scheinbar still zu stehen. Eichen und Birken,
dunkle Fichten, einzelne Lärchen neigen sich über dem Wasser, das in
seiner verschiedenartigen Bewegung, besonders bei Sonnenschein, ab-
wechselungsreiche, prächtige kleine Landschaftsbilder gewährt. Weiter
aufwärts wird der Wiesengrund breiter. Das Wasser in dem Graben,
welches in einem gleichmäßigen langsamen Zuge thalwärts rinnt,
biegt inmitten des Weges schon einmal in einen unterirdischen Lauf
ein und geht sodann aus dem Thale der Bobritzsch, kurz nachdem
man von Oberreinsberg kommend in den Wald eingetreten ist, unter-
irdisch in das Thal des Reinsberger Dorfbaches über.
Dieser prächtige Weg mit seiner reizenden Scenerie verdankt
ebenso wie der Wassergraben, längs dessen er hinführt, seinen Ur-
sprung einem der großartigsten Bauwerke, welche dieses Jahrhundert
aufzuweisen hat.
Schon eine Reihe von Jahren trug sich Oberberghauptmann
Wolfgang Frhr. v. Herder mit dem Plane, dem Niedergange des
Freiberger Silberbergbaues durchgreifend entgegen zu treten, ehe er
mit der Schrift „Der tiefe Meißner Elbstolln, der einzige
den Bergbau der Freiberger Reviere für die fernste Zukunft sichernde
Betriebsplan“ (Leipzig, 1838) in die Oeffentlichkeit trat. Alexander
v. Humboldt sagte über das Project: „Der Plan, von Meißen her-
auf einen Stolln, den möglichst tiefen, nach den Freiberger Silber-
gruben zu treiben, ist so groß, so weit aussehend, so kostbar, daß
eine genaue Bekanntschaft mit den Reichthümern der dortigen Erz-
niederlagen, ein inniges Vertrautsein mit den bisherigen Betriebs-
verhältnissen jener Reviere, eine eigene Anschauung großartiger, bisher
im Bergbau ausgeführter Anlagen erfordert wird, um denselben nicht
als chimärisch ohne Prüfung zu verwerfen.“"
Von dem Grundgedanken ausgehend, das Freiberger Revier sei
das reichste und ergiebigste; die in demselben ansetzenden Erzgänge
noch nicht in sehr großer Tiefe aufgeschlossen und bebaut; endlich der
Reichthum der erzführenden Gänge nehme mit der Tiefe zu: erkannte
Oberberghauptmann v. Herder im tiefen Meißner Stolln das einzige
Mittel, die Ergiebigkeit des Bergbaues für lange Zeiten hinaus zu sichern.