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Entstehung, womit die schmalen Fronten der Häuser und die hohen,
mehrstöckigen Ziegeldächer übereinstimmen.
Das 1410 bis 1416 erbaute Rathhaus wurde nach dem Brande
1471 wiederholt umgebaut. Im Erdgeschoß und ersten Stockwerk
sind mächtige Gewölbe. Im Vorsaal des ersten Stockwerkes befinden
sich die lebensgroßen Bildnisse der sächsischen Kurfürsten und Könige
von Johann Georg I. und dessen Gemahlin Magdalene Sibylle an
bis zu König Friedrich August dem Gerechten. In dem anstoßenden
Rathszimmer die Bildnisse von Herzog Heinrich dem Frommen, den
Kurfürsten Moritz, August, Christian I. und II., der Kurfürstin Anna.
Im ersten Stockwerk des westlichen Rathhausthurmes ist die
ehemalige St. Lorenzkapelle mit schön geripptem Kreuzgewölbe.
Das slädtische Kaufhaus am Obermarkt, mit reich verziertem
Portal, enthält im ersten Stockwerk die sogenannte Kastenstube.
(Raths-Trinkstube). Die reich profilirte Holzdecke ruht auf einer
Holzsäule mit geschnitztem Unterzuge. An die ursprüngliche Bestimmung
des Zimmers erinnert die 1515 errichtete, 1549 erneuerte und 1563
von Kurfürst August bestätigte Trinkordnung. Die Thür des Wand-
schränkchens, in welchem dieselbe aufbewahrt wird, ist auf der Außen-
seite mit einem Bild der Trinkstube, auf der Innenseite mit dem
großen sächsischen Wappen geziert. Ein zweites Wandschränkchen
giebt auf der Außenseite die Darstellung von Spielen, auf der Innen-
seite das Wappen Herzog Heinrich's.
Im zweiten Stockwerke des Kaufhauses befindet sich das Frei-
berger Alterthums -Museum. „Die auch kunstgewerblich wichtige
Sammlung besteht wesentlich aus kirchlichen und bürgerlichen Alter-
thümern der Stadt und Umgegend. Wandtafeln, Fahnen, Waffen
und Wappenschilde alter Freiberger Patriziergeschlechter erinnern an
die denkwürdige Vergangenheit der Stadt. Werthvoll sind die Will-
komme von den Freiberger Handwerksinnungen, die Innungssiegel
der Stadt, die bergmännischen Geräthe alter Zeit, Bergparden,
Tscherper, Steigerhäkchen, Grubenlampen, Gläser, Trinkgeräthe der
Berg= und Hüttenknappschaft und eine 17 m lange Darstellung des
Begräbnißzuges bei der Beisetzung des Kurfürsten Christian I."
(Vergl. Steche III, 98.)
Die von Markgraf Otto dem Reichen zwischen 1171 und 1175
erbaute Burg „Freistein“ (in späteren Zeiten erst „Freudenstein“
genannt), im Norden und Westen vom Stadtgraben, im Süden und
Osten vom breiten und tiefen Schloßgraben umfaßt, war der Sitz
der markgräflichen Voigte; zu Zeiten auch der Markgrafen selbst.
Heinrich der Erlauchte war wiederholt hier; Heinrich der Fromme
von 1505 bis 1539. Seine Söhne Moritz und August wurden