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aufgebaut. Schumann sagt: „Die Lage von Sayda ist demnach rauh,
da es auch an Bäumen fehlt, das Land nach allen Thälern hin
gleich sehr stark abfällt, unfreundlich, hat langen Winter mit sehr
viel Schnee, im Sommer oft Wassermangel, besonders weil die nord-
östlichen Höhen kahl sind, im Frühjahr und Herbst viel Nebel.
Dagegen wird das Korn doch in der Regel reif und nur selten be-
gräbt der Schnee den Hafer. Flachs und Erdäpfel werden mit
Vortheil, und daher stark gebaut; der hiesige Flachs wird dem Anna-
berger gleich hoch gestellt.“
Sayda, ursprünglich Seydowe, Saidowe, Saydow, ist eine
sehr alte Grenzveste, wahrscheinlich sorbenwendischen Ursprunges. Der
böhmische Geschichtsschreiber Balbinus (7 1621; 1633 Jezguit) spricht
von „Burggrafen de Borsenstein et Seydowe"“, nennt beide Burgen
böhmische Lehen. Beide Burgen gehörten den Rittern von Rysinborg.
Bald nach 1240 erhielt Heinrich der Erlauchte Sayda und
Purschenstein vom böhmischen König Wenzel dafür, daß er den Erb-
ansprüchen an Oestreich entsagte. 1289 bot Friedrich der Kleine
von Meißen dem König Wenzel auch Castrum et civitatem Seydowe
zum Kauf an; es war also eine Stadt mit Mauern und Burg.
Der Stadtbrief von 1442 ist nur eine Bestätigung und Erneuerung
der in den hussitischen Kämpfen verlorenen älteren Urkunden.)
Zu welchen Ungeheuerlichkeiten die älteren Chronisten zuweilen
griffen, davon giebt Sayda den treffendsten Beleg. Da wird in einer
angeblich in Klostergrab gefundenen Chronik erzählt, Sayda sei
345 n. Chr. gegründet worden; im Jahre 768 sei die Stadt aus-
gestorben bis auf 30 Mann und habe fünf Jahre leer gestanden,
bis sich 773 wieder unverzagte Menschen gefunden haben. Im Jahre
902 habe die Stadt wieder 734 Häuser und 6000 Einwohner ge-
habt; nach einer anderen Angabe soll im 13. Jahrhundert die Stadt
sogar von 20 000 Menschen bewohnt gewesen sein. Gegen das
Fabuliren gewisser alter Chronisten ist Münchhausen nur ein Stümper.
Mitte des 12. Jahrhunderts wurde in der alten, befestigten
Stadt die Burg, angeblich mit zwei großen Thürmen, erbaut, sowie
die Befestigung der Stadt mit Mauer, Thürmen und Graben erneut
und verstärkt. Die Stadt hatte drei Thore, das Böhmische Thor
nach Süd, das Freiberger Thor nach Nord, das Wasserthor nach
Südwest. Im 13. Jahrhundert war sie jedenfalls am blühendsten
und mächtigsten. 1465 brannte sie beinahe vollständig nieder; 1598
und 1599 wüthete die Pest; in demselben Jahre brannte aber auch
nochmals die ganze Stadt sammt der Kirche nieder; und kaum hatte
*) Schumann, Ortslexikon, X, 191.