Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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lösen und seine sich bewährenden Einrichtungen sind wiederholt ander- 
wärts geprüft und zum Muster genommen worden?. 
55. Die Spitzen-Induftrie. 
Mit dem Namen „Spitzen“ bezeichnet man ein feines, größere 
und kleinere Maschen bildendes Geflecht, welches bandartig, mit oder 
ohne Zacken, als Schmuckstück der Kleidung hergestellt wird. Die 
Spitzen werden entweder geklöppelt (Dentelles) oder mit der Nadel 
genäht (Points) oder auch gewebt; man fertigt sie von seidenen, halb- 
seidenen (die Blonden), leinenen (die Zwirnspitzen) oder baumwollenen 
gezwirnten Fäden; aber auch von Gold= und Silberfäden. Als 
schönste Spitzen bezeichnet man die Brabanter, sodann die Brüsseler 
(Flachszwirnspitzen), die Mechelner oder Malines (feinste Zwirnspitzen): 
die Valencienner Spitzen sind geklöppelt, die Alenconer genäht. Die 
englischen Spitzen sind geringer als die Brabanter und die französi- 
schen; nächstdem fertigt man Spitzen in der Schweiz, in Italien, im 
böhmischen und sächsischen Erzgebirge. „Zum Theil kommen die säch- 
sischen den Brabantern an Güte ziemlich gleich"“). 
Das Klöppeln erfolgt auf dem Klöppelsack (Klöppelkissen) ver- 
mittelst des Klöppelbriefes (Klöppelmusters), wo die Fäden um ein- 
gesteckte Nadeln geschlungen und verknüpft und dadurch die Maschen 
und das Muster gebildet werden. Der Faden ist um den Klöppel 
gewunden und durch die Klöppelhülse (Düte) gegen Verschmutzen ge- 
schützt. Zu feinen und breiten Spitzen braucht man bis zu 200 
Klöppeln, und mehr; die Klöppel, welche man nicht gerade bedarf, 
werden mit größeren Nadeln (Bambelnadeln) zurückgesteckt. 
Die Arbeit ist mühsam und will schon in früher Kindheit er- 
lernt sein; denn es gehören gelehrige und gelenke Finger dazu und 
je zeitiger die Kinder angelernt werden, um so schneller und ge- 
schickter lernen sie klöppeln. Dessen ungeachtet lohnt die Arbeit 
schlecht, trotz des hohen Preises der fertigen Spitzen. Um 1840 be- 
trug der Wochenverdienst einer fleißigen Klöpplerin, je nach ihrer 
Geschicklichkeit 6 bis 20 Groschen. Man schätzte um diese Zeit die 
Zahl der Klöppler auf 40 000. Schon Kinder von 4 Jahren fer- 
tigten schmale Kanten und auch die Männer betrieben im Winter 
diese Arbeit. Aber schon seit dem Beginn dieses Jahrhunderts hatten 
sich an manchen Orten die Klöpplerinnen dem Ausnähen zugewendet, 
*) Vergl. Ein Baustein zur Lösung der socialen Frage, von Georg Adler. 
Buchholz 1871. (Als Mannfkript gedruckt.) In Commission bei H. Graser, 
Annaberg. # 
*“) Friedrich Georg Wieck, Industrie-Zustände Sachsens. Chemnitz 1840.
	        
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