Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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je zwei auf einander folgenden Kettenfäden wenigstens um zwei Ein- 
schlagfäden weiter. 
Der einfache Webstuhl ist in der Hauptsache längst überholt, 
und der von Charles Marie Jacquard 1801 in Lyon erfundene 
Jacquardstuhl für gemusterte Stoffe dergestalt vervollkommet und ver- 
bessert, daß selbst die complicirtesten Muster mit Leichtigkeit hergestellt 
werden können. Der alte hölzerne Webstuhl ist seit 1813 durch den 
ganz von Eisen construirten, einfach fest und elegant gebauten, wenig 
Platz einnehmenden mechanischen Webstuhl (powerloom) oder Kraft- 
stuhl verdrängt worden. Die Spulmaschine (winding frame) arbeitet 
ihm in die Hand, die Zettelmaschine (warping mill) vereinigt die 
Fäden einer Anzahl von Spulen zu einer Kette, die Schlichtmaschine 
(izing trame) bereitet dieselbe zum Weben vor, so daß der Maschinen- 
webstuhl, wenn er vorwiegend für einfache Stoffe gebraucht wird, in 
12 Stunden 11¾ bis 17 m (20 bis 30 Ellen) Stoff in sehr 
gleichmäßiger und tadelloser Arbeit fertigt, wozu der Handweber 
6 bis 8 Tage Zeit brauchen würde. 1827 wurde der erste Jac- 
quard-Webstuhl aufgestellt. Durch die verbesserten Webstühle, bei 
welchen vermittelst der Wechsellade mehrere Schützen gleichzeitig gehen 
und durch die Anwendung eiserner Schützen, Cylinder und Muster- 
patronen die complicirtesten Muster gewebt werden können, besonders 
aber durch die Anwendung der Dampfkraft zum Betriebe der Web- 
stühle, bei denen der Arbeiter nur die Aufsicht über den Gang der 
Arbeit führt, ist die Productionsfähigkeit außerordentlich gesteigert 
worden. Mit der Einführung der Jacquardstühle eröffnete sich der 
Weberei, und vor Allem der Buntweberei ein neues Arbeitsfeld in 
der Herstellung von allerhand einfarbig oder bunt hergestellten Mustern. 
Mit unermüdlichem Fleiß und rastlosem Nachdenken wurde den immer 
wechselnden und wachsenden Ansprüchen des Geschmackes Genüge ge- 
lejstet und ein wohlgeschulter Arbeiterstand zu erhalten und zu schaffen 
gesucht, um dem Aussterben der gelernten Hand= und Maschinen- 
weber vorzubeugen. Man hat auch die Verwendung der Elektricität 
in der Weberei versucht. Die Einrichtung des Webstuhles an sich ist 
wie beim Jacquard-Webstuhle, nur daß Lade, Cylinder und Poppen 
durch den galvanischen Apparat ersetzt werden. Doch ist die Anwen- 
dung derselben nur bei sehr großen Mustern vortheilhaft und kommen 
selbst da immer noch viele Fehler vor. 
Von besonderem Interesse ist die ins Detail gehende Vorführung 
der einzelnen Handlungen, welche zur Herstellung eines Stoffes dienen. 
Bei der Kohlenskizze des Zeichners und der ihr entsprechend fertig 
gemalten Zeichnung, Patrone und Karte zur technischen Herstellung 
des Musters beginnend, hat man andererseits das zu dem betreffenden
	        
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