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Billigkeit. In den großen Strumpfwirkerdörfern, welche sich im
Mülsener Grund, im Lungwitzthale und seinen Seitenästen von Lichten-
stein, Gersdorf und Erlbach, im Thale von Grüna und Reichen-
brand, im Mürschnitzthale mit den Nebenthälern von Neukirchen,
Leukersdorf und Kirchberg, im Zwönitzthale bis hinauf über Thal-
heim, längs des Gablenzbaches, in dem zur Stadt angewachsenen
Limbach, im Thale von Pleißa und Röhrsdorf, von Wittgensdorf, im
Thale von Hartmannsdorf, Göppersdorf und Burkersdorf, im Thale
von Frohna und von Kaufungen, von Taura und von Markersdorf
u. s. w. oft stundenweit ausdehnen, hört man von Haus zu Haus
den Strumpfstuhl rasseln, und es werden Massen angefertigt, welche
nur durch die Arbeit der großen Strumpfmaschinen überflügelt wer-
den. Socken und Strümpfe, Handschuhe, Unterjacken, Unterhosen,
Mützen, Shawls, Spencer, Aermelwesten und Ueberjacken, Blousen,
Frauenhauben, Pulswärmer, Kinderkleider u. s. w. werden zu Hundert-
tausenden gemacht. Ein Dutzend baumwollener Frauenstrümpfe ist für
1 Mark zu haben, während es in einer guten Qualität bis zu 10
und 12 Mark, in den besten und modernsten, ausgewählten Gattungen
bis zu 24 und 30 Mark kostet.
Die Vermehrung der Kraftstühle hat eine große Steigerung der
Production hervorgerufen. Dessen ungeachtet war das Geschäft in
Strümpfen aller Art, aus Baumwolle, Flor, Seide und Wolle, nicht
ungünstig, trotzdem das Geschäft in starken Strumpfwaaren der Groß-
fabrikation durch den Betrieb von Strickmaschinen von Seiten kleiner
Leute immer mehr entzogen wird. Von den hölzernen Wirkstühlen
stehen immer mehr still, besonders da auch die Hausindustrie sich
immer mehr mit eisernen, mechanischen Stühlen versorgt, welche im
Allgemeinen die Herstellung besserer Arbeit fördern. Es werden auf
vielen Stühlen farbige Waaren hergestellt, welche dem Vergleiche mit
französischen und englischen Waaren vollkommen gewachsen sind. Die
Arbeitslöhne für die herkömmlichen Producte der Hausindustrie sind
allerdings auf einen so niedrigen Stand gesunken, daß es dem Ar-
beiter kaum noch möglich ist, die allernöthigsten Bedürfnisse von
seinem Lohne zu bestreiten. Nur diejenigen Arbeiter, welche sich in
Anfertigung von bunten Waaren (sogenannten Fancy-Artikeln) gut
eingerichtet haben, oder solche, die auf feinen Maschinen gut zu ar-
beiten verstehen, verdienen einen auskömmlichen Lohn, ganz wie die
Arbeiter, welche in geschlossenen Etablissements auf Maschinen ar-
beiten.
Der Export wurde in den letzten Jahren zwar aufrecht erhalten,
aber die Preise waren beim Exportgeschäft wie beim inländischen sehr
gedrückt. Dazu kam die gesteigerte Concurrenz der Zuchthausarbeit,