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Tränkthore nur der Thurm. Die Stadt machte im Ganzen einen
kleinstädtischen Eindruck; Handel und Verkehr hielten sich in engen
Schranken, und die Belebung der Stadt beruhte nur auf der Straße
aus dem Reich und der Straße aus dem Gebirge?.
Die Gassen waren, wie bei allen frühmittelalterlichen Städten,
leicht gekrümmt, schon um das Bestreichen mit Geschütz zu hindern.
Die Häuser hatten außer dem Erdgeschoß meist nur ein Stockwerk.
Die Gassen waren mit kleinen rundlichen Steinen gepflastert, an ein
Trottoir dachte Niemand, und in der Mitte der Gasse floß der
„Bach“ in einer Rinne. Der Chronist Tobias Schmidt sagt 1656:
„Das Gießrad, so an dem Mühlgraben gleich dem Rösselthurm steht,
treibt so viel Wasser in die Stadt, daß man auf denen Gassen
überall Bäche fließen sieht.“ Ursprünglich wegen Feuersgefahr ein-
geführt, diente das Wasser der Bäche allerlei häuslichem Gebrauche.
Nicht blos die liebe Jugend baute einen Damm guer durch den Bach
und staute ihn an, um darin herum zu pantschen; auch die gute Haus-
frau, um Geschirr und Gefäße zu waschen und dabei mit der Nach-
barin zu plaudern.
Zu dieser Zeit sah man auch noch Kegel und Strohwische vor
den Häusern, welche dem durstigen Wanderer meldeten, daß man Bier
trinken könne. Denn ein jeder brauberechtigte Bürger schenkte der
Reihe nach, daher Reihschank, in seinem Hause, und ein braunange-
strichener Kegel auf einer Stange verkündete Braunbier, drei Kegel
Doppelbier und weißangestrichene Weißbier, welche Zeichensprache
durch Strohwische und Strohkränze verschiedener Bedeutung unterstützt
wurde.
Von den noch vorhandenen, aus dem Mittelalter stammenden
Gebäuden ist in erster Stelle die Marienkirche zu nennen. Ihre
Gründung fällt zwischen 1110 und 1117; Benedictiner leiteten an-
geblich den Bau; aber nur wenige Spuren sind von diesem ursprüng-
lichen Baue zu erkennen. Die um 1289 vergrößerte Kirche wurde
1328 vom Feuer zerstört, bis 1336 wieder aufgebaut, aber schon
1383 von Neuem eingeäschert. Nach dem Wiederaufbau wurde sie
1403 bei dem großen Brande, welcher die Stadt Zwickau fast voll-
ständig zerstörte, die Kirchen, das Rathhaus und alle öffentlichen Ge-
bäude in Asche legte, zum großen Theile von Neuem vernichtet.
Bis 1430 wurde die Kirche wiederum aufgebaut und aus allen
*) Tobias Schmidt, Chronica Cygnea etc. Zwickau 1056.
Melchior Merkel, Chronik 2c. der Stadt Zwickau. 2 Bde. Zwickau 1800.
E. Herzog, Chronik von Zwickau. Zwickau, Richter, 1833/1845.