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neuer Thurmhelm aufgesetzt. Als 1650 dieser ebenfalls infolge eines
Blitzschlages vollständig niederbrannte, wurde 1672 der bis 88 m
erhöhte Thurm mit zwei Durchsichten in seiner gegenwärtigen, zwar
nicht häßlichen, aber barocken und mit dem Stile der Kirche im
vollsten Widerspruch stehenden Form vollendet. Um diesem herrlichen
Kirchenbau eine einheitliche Gestalt zu geben, wäre es unerläßlich,
auch den Thurm in entsprechender Weise umzubauen.
Der inneren, reichen Ausstattung entsprechend, hatte die Kirche
außer dem Haupt= oder Hochaltare dreiundzwanzig Nebenaltäre (Kreuz-
altar, St. Peter und Paul, Kunigunde, Martinus, Felix Adauctus,
St. Johannes, Thomas, Erasmus, Laurentius, Drei Könige, Cosmas
und Damianus, Matthias, Barbara, Matthäus, Ursula, Tausend
Märtyrer u. s. w.), welche sämmtlich 1525 abgebrochen und beseitigt
wurden.
Nur der 1479 bei Michel Wohlgemuth bestellte herrliche Schrein
des Hauptaltars wurde in dem Bilder= und Zerstörungssturme nicht
berührt. Derselbe enthält, durch zwei Flügelthüren, sechs Gemälde.
Im Innern des Schreines steht Maria mit acht Heiligen, vorzüglich
geschnitzte, bemalte und reich vergoldete Figuren von Holz. Durch
die Flügel des Altars werden drei Bilderfolgen hergestellt. Die erste:
Christus am Oelberge, Geiselung, Kreuztragung, Kreuzigung; die
zweite: Verkündigung, Geburt, Anbetung, Heilige Familie; die dritte:
Heilige Agnes, Magdalena, Katharina, Barbara, Margaretha und
Dorothea, an zweiter und vorletzter Stelle das Bild eines Unbe-
kannten. Auch die Predella giebt drei Verwandlungen. Nur die zweite
Folge wurde von Wohlgemuth selbst gemalt, das übrige von seinen
Schülern. Die Bilder wurden 1832 restaurirt. In der mit den
Wappen der Stifter gekennzeichneten Brauthalle sind die Figuren von
Martin Römer und seiner Frau, in Holz geschnitten und durch
Baurath Mothes farbig restaurirt, aufgestellt. Ein vortreffliches
Kunstwerk, unzweifelhaft von einem alten Meister ersten Ranges, ist
die in der nördlichen Seitenkapelle befindliche Gruppe der Maria mit
dem vom Kreuze abgenommenen Christus, in Holz geschnitten, eine
überaus schön aus= und durchgeführte Arbeit von ungefähr Ende des
15. Jahrhunderts. Besonders bemerkenswerth ist der Gesichtsausdruck
der Maria, welche sich schmerzerfüllt über den Körper Christi beugt.
Das Gesicht der Maria ist von Baurath Mothes nur gereinigt, die
übrige Gruppe jedoch vollständig farbig erneut worden. Die Linien
der Körper und des Mantels der Maria sind voller Lebenswahrheit
und plastischer Formvollendung.
Auch der Altar dieser Nebenkapelle und das Altarbild, die
Schränke, Thüren und Schlösser, zu deren Erneuerung einzelne