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weida das Nebenthal überspannende eiserne Brücke veraugenschein-
licht. Auf acht, einem eisernen Gerüst ähnelnden Pfeilern schwebt
gewissermaßen die 237 m lange Brücke in der Höhe von 37 m über
dem Thaleinschnitte, einestheils eine interessante Belehrung über
Steigungs= und Neigungsverhältnisse des Gebirges gebend, andern-
theils ein bemerkenswerthes Beispiel für Technik und Erfindung.
Von besonderem landschaftlichen Reize sind die Thäler der großen
und kleinen Mittweida; das erstere von Markersbach an gegen 14 km
weit, bis unter den hinteren Fichtelberg wegsam, fast auf dieser
ganzen Strecke, von 100, 120 und selbst 130 m hohen, bewaldeten
Abhängen eingefaßt, voller großartiger Ruhe, die nur an wenigen
Stellen von menschlichen Ansiedelungen unterbrochen wird; das andere
kurz oberhalb des Mittweidaer Hammers mündende ist über 6 km
weit, ebenfalls von 100 bis 130 m hohen bewaldeten Abhängen ein-
gefaßt, ein großartiges, tief stilles Waldthal.
In dem sich auenartig verbreiternden Thale der Mittweida liegt
das mit 2700 Menschen besetzte, stattliche Dorf Raschau mit der
ältesten und größten Korkwaarenfabrik des Gebirges. Schon 1855
wurde die Anfertigung von Flaschenkorken aller Arten und Größen
und Korksohlen in Raschau eingeführt, 1873 in Bockau, später auch
in Neustädtel bei Schneeberg und beschäftigt gegenwärtig in Raschau
über 150 Arbeiter, an den beiden anderen Orten ungefähr ebensoviel.
Vor Zeiten fand man in der Mittweida (Miepe) bis Raschau herab
sog. Goldgranaten.
Da wo das Pöhlwasser bei seiner Vereinigung mit der Mitt-
weida eine breite Thalaue durchfließt, liegt am Ostfuße des sanften
Anhanges der Bärenstallung das freundliche Grünstädtel, oder wie
es vor alten Zeiten hieß, Dorfstädtel, allem Vermuthen nach eine
der ältesten Ansiedelungen in diesem Theile des Gebirges. Die Nach-
richten über Grünstädtel sind spärlich. Im 14. und 15. Jahrhundert
gehört es zu Schwarzenberg. Im 16. Jahrhundert ward es selbst-
ständiges Kirchspiel und um 1550 gehörten diesem Breitenbrunn und
Rittersgrün (bis 1559), Crandorf (bis 1711) zu. Grünstädtel war
ein besuchter Wallfahrtsort. Von dem ehemaligen Altar der h. Anna
Minor mit Jesus und Maria auf dem Arme sind noch das in Holz
geschnittene Mittelstück mit den Figuren vorhanden, auch die Flügel
it werthvollen Bildern; aber seit der Reformation bei Seite ge-
tellt.
Das Thal des Kaffbaches und dessen Nebenthäler sind außer-
ordentlich besuchenswerth. Breit und auenähnlich bis Siegelhof macht
es hier eine scharfe, eng gefaßte Biegung und tritt in einem Bogen
in die südöstliche Richtung zwischen über 100 m hohen, von Felsen-