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Verfolgungen ausgesetzt blieben und zuletzt noch den Befehl erhielten,
entweder römisch-katholisch zu werden oder auszuwandern. Johann-
georgenstadt zählte schon wenige Jahre nach seiner Gründung gegen
2000 Bewohner?).
Wer die große, rauchende Trümmerstätte vom 22. August 1867
gesehen hat, staunt, wie trotz aller Verluste und Schwierigkeiten die
Stadt in wenigen Jahren freundlich und wohlhäbig wieder aufgebaut
ist. Von der ganzen Stadt standen nur noch einzelne Häuser an
den äußersten Enden. Gegen 330 Brandstellen bildeten eine große
Trümmerstätte, über welche Mauerreste, stehengebliebene Thür= und
Fenstergewände, einzelne Schornsteine u. s. w. aufragten. Die Be-
wohner waren nach den Nachbarorten geflüchtet, und die Wenigen,
welche auf den rauchenden Trümmern ihrer Habe umher irrten, suchten
noch Einzelnes aus Schutt und Asche zu retten.
1874 zählte die Stadt wieder 384 Häuser mit 4200 Be-
wohnern.
Der Bergbau, welcher zur Besiedelung dieser Gegend den An-
stoß gegeben hatte, wurde 1883 nur noch auf fünf Zechen auf Silber-
erze, auf 12 Gruben und Stolln auf Eisenerze betrieben. Die einst.
so reichen Ertrag gebenden Zechen Neujahr, Neujahrs Maaßen, Frisch.
Glück und Samuel waren schon 1718 liegen geblieben, zu welcher
Zeit auch die Schmelzhütte auf der Jugel eingegangen ist.
Johanngeorgenstadt wurde seit Anfang des Jahrhunderts der
Sitz der Kunsttischlerei, welche gegenwärtig zwei größere und einige
kleinere Werkstätten hauptsächlich für die Ausfuhr betreiben. Dieselben
beschäftigen gegen 400 Arbeiter (Tischler, Metallarbeiter, Graveure
und Schlosser) und fertigen Schreibekasetten, Spielmarken-, Cigarren-,
Thee-, Toiletten-, Tabaks-, Zucker-, Arbeits= und Handschuh-Kasten,
Kasten und Kästchen aller Art, Bretspiele, Damenbreter u. s. w.
in Jacaranda, Palisander, amerikanischem Ahorn, mit Ceder und
Ahorn innen fournirt, mit eingelegten und ausgeschnittenen Figuren
von Perlmutter, Neusilber, Bronce, mehr oder weniger kunstvoll be-
schlagen, in Naturfarbe oder grau, hell oder dunkel gebeizt oder
polirt. Besonders feinere Arbeiten sind sehr gesucht. Der Absatz
geht nach Holland, Dänemark, England, Frankreich, Rußland und
Nordamerika.
Der Schatullentischlerei fehlte es in der letzten Zeit nicht an
Aufträgen, obgleich sie 1887 durch das Ausbleiben größerer Be-
stellungen, und 1888 durch die gedrückten Preise leiden mußte. Der
*) Fr. Franke, Zur Gründungsgeschichte von Johanngeorgenstadt u. s. w.
Schneeberg, Goedsche, 1854. asgesch