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Absatz in Europa, wie nach Amerika, hatte sich gegen früher nicht
unbedeutend verringert, und nur von England gingen noch mitunter
ansehnliche Aufträge ein.
In der neuesten Zeit ist eine ziemlich bedeutende Fabrik von
Regulatorgehäusen entstanden.
Ein zweiter Johanngeorgenstadt eigenthümlicher Fabrikations=
zweig ist seit 1868 die Anfertigung von Glacéhandschuhen. Derselbe
entwickelte sich aus der seit den 30er Jahren hier, in Bockau, Schön-
heide, Pöhla u. s. w. bestehenden Handschuhnäherei in wollener und
baumwollener Waare. Gegenwärtig ist die Handschuhfabrikation auf
dem Erzgebirge eine weit ausgebreitete Haus= und Fabrik-Industrie.
Außer in Johanngeorgenstadt wird sie in Eibenstock, Platten, Aber-
tham, Bäringen, Gottesgab, Sonneberg, Katharinaberg, Neudeck und
Joachimsthal betrieben. Das Leder wird in besonderen Werkstätten
zugerichtet, sodann der Handschuh auf der Maschine zugeschnitten und
dann von den Arbeiterinnen genäht, zum Theil in Fabriken, zum
Theil im Hause, und das in der Mehrzahl. Die Handschuhe werden
hauptsächlich aus spanischem Lammleder gemacht; man verwendet aber
auch Smasche, d. i. zugerichtetes Fell von todtgeborenen Lämmern
und zuweilen auch Roßleder.
Man fertigte hauptsächlich Damenhandschuhe, sogenannte Jo-
sephinenhandschuhe ohne Nath an der Seite und 3= bis 10kuöpfige
Handschuhe in den feinsten Qualitäten. Im Jahre 1884 lag die
Fabrikation der Glacêhandschuhe sehr darnieder; doch hat sich der
Geschäftsgang seitdem wieder gehoben. Die böhmischen Orte arbeiten
hauptsächlich für Prag und Wien; die sächsischen Fabrikanten für die
Ausfuhr nach Holland, England, Nord= und Süd-Amerika, Australien.
Während eine Zeit lang viel geringe Waare nach dem Auslande ver-
sendet wurde, ist in der neueren Zeit das Hauptgeschäft in den bes-
seren und besten Sorten. Der deutsche Handschuh, von Lamm= oder
Ziegenleder oder von Smasche, hat einen hohen Ruf, sowohl in Be-
zug auf die Güte des Leders, als in Bezug auf die Vortrefflichkeit
der Arbeit. Von der feinsten Sorte kann ein Paar vierknöpfiger
Damenhandschuhe um eine Haselnuß gewickelt und in eine leere Wall-
nuß verpackt werden.
Im Jahre 1887 waren immer noch die langen vier= und mehr-
knöpfigen Handschuhe vorherrschend gesucht, aber fast durchweg nur in
billigerer Waare. Nächst diesen erhielt sich die Mode für tamburirte
Handschuhe, zu denen noch andersfarbige Säume und Schichteln ge-
tragen wurden, auf gleicher Höhe; auch Stepphandschuhe und dänische
Handschuhe waren gesucht. 1888 arbeitete die Eibenstocker Fabrik
nur nach den Vereinigten Staaten, ausschließlich lange, fünf= und