— 612 —
gedehnten Ort und seine einzelnen Theile, aus welchen man in großen
Zügen die Entstehungsgeschichte dieses ausgebreiteten, volkreichen und
gewerbfleißigen Ortes herausliest. Die Aussicht nach dem Gebirgs-
kamme ist sehr ansprechend, ja landschaftlich schön.
Das erste Haus von Schönheide wurde 1537 durch Urban
Männel erbaut. 1563 war Schönheide ein kleines Dörschen, „ist un-
gefähr auf zwanzig Hofstätten zu achten“ (Peck, Amt Schwarzenberg).
„Die Schnarrtanne seind etwa fünf oder sechs Häuslein, haben nichts
denn ein wenig Räume und klein Stücklein Feld (im Rodeland) zu
genießen.“ Vogelsgrün sind auch vier oder fünf Höfe. Wernsgrün
und Stützengrün, „zwei Dörfer nicht fast groß, beide auf vierzig
oder fünfzig Hofstätten zu achten, haben aber sehr feine Felder und
Wiesenräume“.
In Schönheide beschäftigt die Bürstenfabrikation gegen 500
Menschen. Man macht Borstwische, Bürsten (in 517 Sorten, dar-
unter besonders hervorragend Huf-, Wagen= und Speichen-Bürsten),
Kardätschen in vorzüglichster Qualität und Pinsel (in 126 Sorten);
in der neuesten Zeit auch Drahtbürsten (Stahlbürsten), feine Nagel-
bürsten u. s. w. Die Zurichtung der Borsten, nämlich das Kämmen,
Kochen, Auftheilen, Zupfen, Vorschneiden und Vorrichten derselben
findet hauptsächlich in Rothenkirchen, neuerdings auch in Stützengrün
statt; die Bürstenhölzer werden in Globenstein, Rautenkranz und
Rothenkirchen gemacht. In großen Massen werden besonders Militär-
artikel für Norddeutschland gefertigt, auch Bürsten aus mexikanischer
Fibre (— californischem Gras); nächst den Massenartikeln aber auch
feine und elegante Luxusbürsten. Die Bürstenfabrikation ist in den
letzten Jahren bedeutend gestiegen. Mehrere Fabriken sind erweitert.
Die größte hat eine Dampfmaschine von 40 Pferdekr. aufsgestellt,
welche 1 horizontale, 3 verticale Bandsägen, 6 Kreissägen, 5 Hobel-
maschinen, 15 Fraismaschinen u. s. w. in Bewegung setzt. Es werden
auch Zahn= und Nagelbürsten nach englischem und französischem
System gefertigt; bei den Drahtbürsten werden die Bügel und die
Drahtstücke vernickelt.
Die Ausfuhr war bedeutend, der Absatz innerhalb Deutschlands
umfangreich, so daß alle Fabriken voll beschäftigt waren. Der Arbeiter-
stand ist vergrößert, die Zahl der Dampfmaschinen und zahlreichen
Hülfsmaschinen vermehrt worden; dessen ungeachtet vollzieht sich der
Uebergang zum mechanischen Betriebe. Obgleich das Einziehen der
Borsten durch die Maschine bewirkt wird, macht sich ein Mangel an
geschulten Arbeitskräften fühlbar. Die Fabrikation widmet sich der
Herstellung der feineren Waaren, dehnt sich aber auch auf die ge-