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in den mittleren Gebirgslagen zwischen 500 bis 600 m noch ein
ganz bedeutender. Vorwiegend angebaut wird die rothe Zwiebel-
kartoffel; in neuester Zeit auch bessere Kartoffelsorten.
Von allen Futterpflanzen enthält das Gras die Nährbestand-
theile für das Vieh in der für die Viehzucht und Milchgewinnung
vortheilhaftesten Zusammensetzung. Der Grasbau hat daher die
höchste Bedeutung für die gebirgische Landwirthschaft.
Die Bergwiesen liefern in der Regel weniger, aber um so
besseres Futter; die Brachwiesen, wie sie durch Selbstberasung in den
höheren Lagen entstehen, nach zwei Jahren schon einen ansehnlichen
Ertrag; die Thalwiesen endlich werden nicht blos durch die bei
ihnen mögliche Bewässerung, sondern auch durch die Zuführung der
von den Höhen abgeschwemmten, sehr düngungsreichen Bodentheile
in ihrem Ertrage bedeutend gehoben.
Der Anbau des Flachses ist über den größten Theil des Erz-
gebirges verbreitet. Derselbe reicht von Schlettau über Königswalde,
Mildenau, Rückerswalde, längs der Waldgrenze des Obergebirges,
über Blumenau, Cämmerswalde, Nassau, Dittersdorf, Liebenau, Alten-
berg und Lauenstein bis gegen die Elbe, und von Elterlein über
Zwönitz und Stollberg bis in die Linie Chemnitz, Augustusburg, Frei-
berg, Tharandt; im Westen bis in die Gegend von Lößnitz, Harten-
stein und Kirchberg und an das Vogtland heran. „Der Lein ist ins
Erzgebirge zurückgedrängt worden, vor Allem in die höheren Lagen,
wo das Klima demselben günstig ist. Die mangelhafte Behandlung
des Flachsstengels, wie sie sich eingenistet hatte, wird mehr und mehr
verlassen. Wird freilich der Flachs „zur Unzeit gesäet und geerntet,
im Backofen geschmort, im Brechhaus gebrochen und dergestalt syste-
matisch entwerthet, weil es der Großvater auch so gemacht hat“, —
so steht der Ertrag in keinem Verhältniß zur Arbeit und Auslage.
Der rationelle Anbau des Flachses gewinnt wesentlich an Ausdehnung.
Die Federviehzucht wird mehr als eine unabweisbare Zu-
gabe angesehen. Das weit verbreitete Landhuhn brütet gut und
führt seine Jungen vortrefflich, legt wohlschmeckende Eier, und gibt
ein kräftiges und nahrhaftes Fleisch.
An jedem Bauernhofe befindet sich ein Hausgarten; bei größeren
Gütern bildet dieser Garten den Ziergarten, während der Gemüse-
garten seitwärts oder hinter dem Gehöfte liegt und der Obstgarten
sich an diesen anschließt.
Der Obstbau auf dem Erzgebirgsabhange hat sich bedeutend ge-
hoben. Tausende von Obstbäumen sind auch in der neuesten Zeit
gepflanzt und zahlreiche unbenutzbare Plätze nutzbar gemacht worden.
Es ist unzweifelhaft, daß selbst in den rauheren Gegenden der