Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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drei bis vier Stunden zu wandern, ohne einzukehren. Dann erst 
macht man einen einstündigen Ruhehalt, um darauf wieder etwa drei 
Stunden zu wandern, ohne zu ruhen. Damit beziffert man die 
Tageswanderung mit etwa 30 km. Aufenthalte, um ein landschaftliches 
Bild zu Papier zu bringen, ein gewerbliches oder technisches Etablisse- 
ment anzusehen, von einer Industrie eine eingehendere Anschauung zu 
gewinnen u. s. w., gehören natürlich nicht zu den Ruhehalten. Die 
Mittagsrast macht man möglichst kurz und verlegt die Hauptmahlzeit 
auf das Nachtquartier, wo man zeitig genug eintrifft, um mit Be- 
quemlichkeit und Ruhe die Eindrücke der Tageswanderung zu über- 
denken und festzustellen. — Es ist zweckwäßig größeren Tages- 
wanderungen eine kleinere folgen zu lassen, oder wo dieß nicht angeht, 
einen Rasttag einzuschalten, der zu kleineren Spaziergängen und zur 
Besichtigung von Werkstellen und gewerblichen oder industriellen An- 
lagen benutzt werden kann. 
Bei durchdachtem Reiseentwurfe wird man niemals genöthigt sein, 
am späten Abend an einem Orte zu bleiben, wo man weder aus- 
giebige Nachtruhe noch angemessene Verpflegung hat. In allen 
Städten, in vielen Dörfern. und einzelnen Gasthäusern wird man zu 
voller Zufriedenheit Unterkommen finden. — Als Hauptregel für 
den Wanderer gilt: „Lebe einfach und bescheiden; mache keine un- 
nöthigen und unerfüllbaren Ansprüche!“ — Dann wird es Jedermann 
gut gehen und ihm gefallen. Vorbereitung und Ausführung sollen 
den materiellen und ideellen Genuß sichern; Herz und Gemüth sollen 
sich erheben und dankbar empfangen, was ihnen geboten wird. Eine 
angemessene Sparsamkeit soll jeden Reisenden leiten; er soll kein 
Geld verschleudern, und seinen Genuß nicht in den Staub ziehen; 
er soll den Bettel weder anregen noch unterstützen. 
Bei längerem Aufenthalte an einem Orte wird man die Um- 
gebungen um so eingehender kennen lernen und im engsten Zusammen- 
hange damit Land und Leute recht lieb gewinnen. Der Aufenthalt 
in der Sommerfrische, wie ihn die Verhältnisse hervorgerufen haben 
und weiter entwickeln, wird dem Erzgebirge immer zahlreichere 
Freunde zuführen, wenn nicht kurzsichtiger Unverstand und blinde 
Habgier die schönen Anfänge zerstören, welche in dieser Beziehung 
gemacht worden sind.) 
Wer irgend das Erzgebirge mit Aufmerksamkeit besucht, und 
nicht den zweckwidrigsten Reiseplan seinen Wanderungen zu Grunde 
gelegt hat, wird von Tag zu Tag immer mehr davon durchdrungen 
) Vergl. Ueber Sommerfrischen im Erzgebirge. Glückauf. (Zeit- 
schrift) 1889. No. 1.
	        
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