18 Heranwachsen Preußens.
deutschen Verhältnissen verflochten. Es lag aber in der
Natur der Dinge, daß die Aufmerksamkeit der Beherrscher von
Ungarn, der Lombardei und Toscanas in erster Linie sich
nach Süden und Osten, auf Italien und die Türkei richtete,
während die dort erwachsenden Fragen in Deutschland nur
eine untergeordnete Theilnahme erwecken konnten. Diese
Verschiedenheit der Aufgaben hatte Deutschland mehrmals
schmerzlich zu empfinden. So oft die kaiserlichen Heere zur
Vertheidigung Schwabens und Belgiens, und damit auch zur
Deckung der deutschen Westgrenze auszogen, so oft machte
sich doch in den Ergebnissen des Kampfes Osterreichs Vor-
liebe für Italien auf Kosten Deutschlands geltend. Im
Streben nach italienischen Besitzungen verzichtete der Wiener
Hof auf Straßburg. Durch die Abtretung Lothringens
bezahlte er die Erwerbung Toscanas. Um Venetien zu
gewinnen, gab er Belgien und das linke Rheinufer Preis.
Man sieht, daß Deutschland Grund genug zu dem Wunsche
hatte, neben Osterreich noch andere Kräfte zum Schutze des
deutschen Nordens und Westens entstehen und wirken zu sehen.
Diese Aufgabe fiel Preußen zu.
Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst von Branden-
burg, fand bei dem Schlusse des westfälischen Friedens seine
Länder in traurigem Zustande vor. Zersplittert in allen
Theilen Niederdeutschlands gelegen, Ostpreußen unter polnischer
Oberhoheit, alle unter der fast selbständigen Verwaltung
adlicher Stände, jede der Provinzen verarmt im Innern und
wehrlos nach Außen, dies war das Bild der Lage, das sich
seinem unbestechlichen Auge und seinem thatkräftigen Willen
darbot. Es gelang ihm zuerst, die polnische Hoheit abzu-
schütteln; darauf kehrte er die neu gewonnene Sovveränität