Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

60 Wiener Schlußacte. 
und die Sache gleich auf den bevorstehenden Wiener Con- 
ferenzen in Angriff genommen werden. 
Dieser Lärm vollendete bei dem Staatskanzler, wie bei 
dem Minister des Auswärtigen, dem hochgebildeten, ruhigen 
und umsichtigen Grafen Bernstorff, die Abwendung von den 
Karlsbader Tendenzen. Wie lebhaft früher Hardenberg für 
ein starkes Reichsregiment gestritten, jetzt meinte er, die Bundes- 
behörden seien anders ausgefallen, als er einst vorausgesetzt; 
ihnen dürfe man so weitgreifende Befugnisse, die sie zum 
Schaden Preußens und Deutschlands mißbrauchen würden, 
nicht anvertrauen. Mit solchen Instructionen ging Bernstorff 
nach Wien, und Metternich machte, gern oder ungern, gute 
Miene zum bösen Spiel. Dieses Mal waren alle Regie- 
rungen vertreten; schon dadurch wurde ein Verfahren wie in 
Karlsbad unmöglich. Die Grundsätze der Bundesacte sollten 
nicht verändert, sondern für die praktische Anwendung er- 
läutert und genauer definirt werden. So entstand als zweites 
Grundgesetz des Bundes die Wiener Schlußacte, überall im 
Sinne eines gemäßigten Particularismus. Die Angriffe auf 
das preußische Zollsystem scheiterten vollständig. Die Klagen 
dagegen wurden zur geschäftsmäßigen Behandlung an den 
Bundestag verwiesen. Die Einsetzung eines Bundesgerichts, 
wo die Gegner ihre Processe gegen das preußische Zollgesetz 
anhängig gemacht hätten, wurde verhindert. Zu dem im 
11. Artikel der Bundesacte festgestellten Bündnißrecht der 
Einzelstaaten erlangte Bernstorff noch einen Zusatz im 6. Artikel 
der Schlußacte, nach dem „eine freiwillige Abtretung auf 
cinem Bundesgebiete haftender Souveränitätsrechte ohne Zu- 
stimmung der Gesammtheit nur an einen Mitverbündeten ge- 
schehen“, an diesen also ohne Weiteres erfolgen könne. Damit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.