1856 Ende des Krimkriegs. Pariser Congreß. 237
klärte darauf die Unabänderlichkeit seiner Bedingungen mit
der Drohung sofortiges Abbruchs des diplomatischen Ver-
kehrs. Die russische Regierung ließ darauf ihre Anstände
fallen, und bequemte sich zur Unterzeichnung der Präliminarien
nach dem Wortlaut der Wiener Ausfertigung. Aber die
zornigste Stimmung gegen dieses herrische Auftreten Buol's
blieb in allen russischen Herzen zurück; mit grimmiger Be-
gierde sahen sie einem Tage der Abrechnung mit dem einst
von ihnen erretteten Bundesgenossen entgegen.
Die Urkunde des definitiven Friedens sollte dann auf
einem großen Congresse der Mächte ausgcarbeitet werden.
Bei der Wahl des Versammlungsorts zeigte sich der Vor-
rang, welchen die gewaltigen Leistungen Frankreichs bereits
der Regierung Napoleons verschafft hatten; weder Wien noch
London konnten ihre Wünsche durchsetzen: der Congreß wurde
auf zuletzt einstimmigen Beschluß nach Paris berufen. Zu
Osterreichs großem Verdrusse erschien hier als kriegführende
Macht auch Sardinien; dagegen erhielt Preußen, als unbe-
theiligt am Kriege, zunächst keine Einladung. Als Osterreich
und Rußland eine solche in der zweiten Sitzung, am 28. Februar
1856, beantragten, setzte Lord Clarendon den Beschluß durch,
daß dies erst zu geschehen habe, wenn der Congreß zu einer
Verständigung über die Hauptpunkte bercits gelangt sei. Dies
wurde in Berlin sehr unangenehm als demüthigende Isolirung
empfunden, und von der liberalen Opposition dem Ministerium
als die natürliche Folge seiner elenden Politik scharf vor-
gerückt. In Wahrheit aber war die Verzögerung nichts als
ein unverständiger Ausdruck des englischen Argers über
Preußens Neutralität, in deren fester Behauptung trotz alles
Drohens und Polterns es sich endlich cinmal wieder als