Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

410 Conflicte auf allen Seiten. 1861 
beilegte, und sie sofort nach Wien beförderte, wo sie dem 
Kaiser und den beiden leitenden Ministern, Rechberg und 
Schmerling, vorgelegt wurde. Besonders Schmerling, welcher 
sein Wirken in der Paulskirche keineswegs vergessen hatte, 
wurde lebhaft von der Bedeutung der darin niedergelegten 
Vorschläge ergriffen: dies offene Begehren der deutschen 
Kaiserkrone für das Haus OÖsterreich, die Mediatisirung Oster= 
reichs und Preußens unter der Reichsgewalt, diese Versamm- 
lung der deutschen Fürsten zu persönlicher Berathung der 
Reichsverfassung und dann zum persönlichen Erscheinen im 
Oberhause des Rciches, das Alles waren neue, möglicher 
Weise äußerst fruchtbare Gedanken. Schmerling ließ den 
kühnen Schriftsteller nach Wien kommen und hatte mit ihm 
in der ersten Septemberwoche eingehende Besprechungen. Er 
hielt das aus den Kammern der Einzelstaaten hervorgehende 
Volkshaus für ganz zweckmäßig, sah in der Berufung eines 
Fürstentags sowie in der spätern Bildung eines Fürstenhauses 
eine treffliche und auch leicht zu verwirklichende Idee, erklärte 
aber die Ausrufung eines deutschen Erbkaisers, so wünschens- 
werth sie wäre, zur Zeit für schlechthin unausführbar. Man 
müsse sich für jetzt auf ein Directorium zu Dreien zurück- 
zichen. Wie aber sollten die Drei die Geschäfte führen? Es 
ließ sich in verschiedener Weise denken, collegialisch, oder ver- 
theilt nach einzelnen Hoheitsrechten, oder in abwechselnder 
Oberleitung. Fröbel erklärte sich, im Widerspruch mit allen 
bisherigen österreichischen Uberlieferungen, für die wechselnde 
Leitung, und schlug, wenn man nicht Frankfurt als festen 
Sitz sowohl der Reichsregierung als des Parlamentes an- 
nehmen wollte, mit dem Wechsel des Vorsitzes zugleich den 
Wechsel des Reichsvororts, etwa Wien, Berlin, Frankfurt,
	        
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