146 Erbstreit und Versassungsfrage.
vorschlag dachte Bismarck nicht viel anders als Lord John
oder Graf Rechberg, aber er war weit entfernt davon, die
ihm in London zugedachte negative Rolle auf sich zu nehmen.
Im Gegentheil, gleich auf die erste Nachricht sagte er vor-
läufig dem französischen Gesandten am 8. November, er per-
sönlich sei ganz einverstanden; wäre man noch im Januar
dieses Jahres, so hätte er dies auch amtlich auf das Ein-
gehendste zusichern können; seitdem aber habe Frankreichs
Verhalten in der polnischen Sache dem Könige Anlaß zur
Beunruhigung gegeben, doch hoffe er auf baldige Herstellung
des Vertrauens; zunächst habe Preußen kein eigenes Interesse
für den Congreß, aber auch überall keinen Grund gegen dessen
Zustandekommen. Am 14. November empfing darauf der
König aus der Hand des Gesandten die kaiserliche Einladung.
Er ertheilte zunächst die mündliche Antwort, daß er im
Princip gegen den Congreß keine Einwendung habe, und gab
nur anheim, ob nicht ein vorausgehendes Einvernehmen der
fünf Großmächte und das Erscheinen der leitenden Minister
anstatt der Souveräne zweckmäßig sein würde; bis dahin
betrachte er übrigens die Verträge von 1815, so weit sie
nicht vertragsmäßig abgeändert seien, als rechtsverbindlich.
Es war, wie man sieht, nicht viel, was hier zugesagt
wurde, und besonders bedauerte Napoleon den Vorschlag,
von einer Zusammenkunft der Souveräne abzusehen, und
damit die Eröffnung des Congresses eines bis dahin uner-
hörten Glanzes zu berauben. Indessen wußte ihn Graf
Goltz durch die Bemerkung zu beruhigen, es handle sich beim
Könige nur um die Frage, ob die Souveräne zum Beginne
oder zum Abschlusse der Verhandlungen erschienen, und
offenbar sei das Erstere mißlich, da man doch keine Sicher-