104 Prinz Friedrich Carl in Böhmen.
erläuterte Moltke den Befehl dahin, es sei natürlich nicht
gemeint, daß dieser Punkt unter allen Umständen erreicht
werden müsse, vielmehr hänge die Vereinigung ganz von dem
Gange der Begebenheiten ab. Höchst unwahrscheinlich sei es,
daß die Hauptmacht der Osterreicher in den allernächsten
Tagen schon im nördlichen Böhmen concentrirt stehen könne.
Die diesseits ergriffene Initiative dürfte leicht Gelegenheit
geben, den Gegner in getheiltem Zustand mit überlegenen
Kräften anzugreifen, und den Sieg in anderer Richtung zu
verfolgen. Dennoch bleibe die Vereinigung aller Kräfte für
die Hauptentscheidung stetig im Auge zu behalten. Die
Armeecommandos haben also von dem Augerblicke an, wo
sie dem' Feinde gegenüber treten, nach eigenem Ermessen
und nach Erforderniß der Umstände zu handeln, dabei aber
stets die Verhältnisse der Nebenarmee zu berücksichtigen. An
das Obercommando der ersten Armee wurde der Satz hin-
zugefügt:
„Da der schwächeren zweiten Armee die schwierige Auf-
gabe des Debouchirens aus dem Gebirge zufällt, so wird,
sobald nur erst die Verbindung mit dem Corps des Generals
von Herwarth bewirkt ist, der ersten Armee um so mehr ob-
liegen, durch ihr rasches Vorgehen die Krisis abzukürzen.“
Moltke band in dieser Weisung die beiden Unterfeld-
herren sehr bestimmt an den klar bezeichneten Gesammtzweck
ihrer Action, gab ihnen aber freie Hand für die einzelnen,
je nach den Umständen erforderlichen Maaßregeln. Wir werden
sehen, daß Benedek gerade umgekehrt verfuhr. Seine Generale
erhielten stets ganz specielle Befehle, diesen oder jenen Ort
zu besetzen, oder zu halten oder zu räumen, sie wußten aber
nicht immer, in welchem planmäßigen Zusammenhang und