Moltke's Generalinstruction für den Angriff. 105
zur Lösung welcher Aufgabe sie zu wirken hatten. Es be-
darf nicht erst der Hinweisung auf den damaligen Erfolg,
um zu sehen, wo die Üüberlegene Auffassung vorhanden war.
Moltke erkannte die Unmöglichkeit, im Flusse der Dinge das
Einzelne von fern her zu regeln, Benedek sah im Trotze da-
gegen eine Bewährung seiner eisernen Willenskraft. Und
was noch wichtiger war, Benedek erstickte, Moltke aber er-
weckte die geistige Selbstthätigkeit seiner Untergebenen, und
auf beiden Seiten setzte sich dieser Impuls auf allen Stufen
der Heeresgliederung fort. Mehrmals hat Moltke es aus-
gesprochen, daß großen Heeren von mehr als hunderttausend
Mann durch die Natur der Dinge ein bedeutendes Maaß von
Selbständigkeit inne wohnt: so entwarf er weder 1866 noch
1870 vor dem Kriege einen speciell durchcomponirten Feld-
zugsplan zur Vernichtung des Gegners, wie es Napoleon I.
vor Marengo, vor Ulm und Jeng gethan hatte. Bei diesem
war dann jedem Heertheil, jedem Rad in der Maschine seine
genaue Thätigkeit angewiesen, zugleich aber auch eine großes
Theils vorhandene Unfähigkeit des Gegners vorausgesetzt: und
dann rollte das Kunstwerk in jedem Punkte nach dem Worte
des Meisters zu einem blendenden und betäubenden Ergebniß
ab. Moltke begnügte sich, mit nicht minder genialem Blick
seinen Heeren im Anfang des Kriegs die allgemeine Richtung.
auf die für die Gegner tödtliche Stelle zu geben; im Ein-
zelnen geschah dann nicht immer, was er vermuthet hatte;
1866 erfolgte die Vereinigung der Heere nicht bei Gitschin,
und sehr selten haben preußische Generale mit Übermacht gegen
österreichische Corps gefochten: das Endergebniß aber war hier
wie 1870 eine, Überwältigung des Gegners, wie sie gleich
rasch und gleich vollständig Napoleon kaum einmal erreicht hat.