Beschleunigtes Vorgehen der ersten Armee. 113
erwarten, daß die erste Armee durch beschleunigtes Vorrücken
die zweite Armee degagire, welche trotz einer Reihe siegreicher
Gesechte dennoch sich augenblicklich in einer schwierigen Lage
befindet.“ Es war in verstärkter Form dieselbe Weisung,
nach welcher die erste Armee den Feldzug begonnen hatte,
und man wird eingestehen müssen, daß sie bisher mehr nach
gründlicher Besiegung der ihr unmittelbar gegenüber stehenden
Heertheile, als nach der raschen Vereinigung mit der schlesi-
schen Armee gestrebt hatte. Sie war methodisch und vor-
sichtig verfahren; sie hatte vier Tage gebraucht, um von Seiden-
berg-Zittau die fünf bis sieben Meilen bis Turnau zurückzu-
legen, und dann bei Turnau am fünften Tage kein weiteres
Vorschreiten begonnen, Alles nach der Regel, sich im Ange-
sichte des Feindes niemals zersplittert antreffen zu lassen.
Gewiß, jede Abweichung davon wäre ein Wagniß gewesen:
Moltke's Meinung ging aber dahin, daß bei der Tüchtigkeit
der Truppen und der Stellung des Feindes etwas gewagt
werden dürfe, und daß bei der Gefährdung der zweiten Armce
Alles gewagt werden müsse. Prinz Friedrich Carl war jetz,
nachdem das Telegramm ihn von der Last der Verantwortung
befreit hatte, zum kühnsten Vorgehen bereit: zwei Stunden
nach Empfang der Depesche, neun Uhr, ging seine Dispo-
sition an die Truppentheile ab, und ohne allen Zweifel, sie
zeugte von wagendem Muthe. Der Landstrich zwischen der
Iser und Gitschin ist erfüllt von Wäldern, Schluchten und
Defileen; die Höhenrücken steigen gleich hinter Münchengrätz
und dann wieder eine Stunde vor Gitschin zu felsigen, steil
abgeböschten Kuppen auf. Für den Vormarsch gab es nur
die beiden Straßen von Turnau und von Münchengrätz; das
dazwischen liegende Gelände war für gröhere. Truppen-
v. Sybel, Begründung d. deutschen Neiches. V.