122 Prinz Friedrich Carl in Böhmen.
nung bereits durch die Kämpfe des Tages und des Rückzugs
großes Theils gelockert; bei dem entsetzlichen Gedränge und
dem nächtlichen Dunkel in den Gassen löste sie sich vollends
auf; der Befehl lautete auf möglichst schnelles Durchziehen
der Stadt, um dann hinter derselben Biwaks zu beziehen
und um drei Uhr Morgens nach Miletin weiter zu marschiren;
so drängte jeder Einzelne vorwärts, wie und wo er es ver-
mochte, und ein, wirrer Strom von Fußgängern, Reitern
und Fuhrwerk aller Art schob sich langsam und stockend den
östlichen und südlichen Stadtthoren zu. Es gelang den An-
strengungen der Officiere, bis zehn Uhr die Räumung der
Stadt durch die Truppen zu bewirken; nur Graf Clam mit
dem Hauptquartier saß noch auf dem Rathhause, mit der
Ausfertigung der Befehle für den folgenden Tag beschäftigt;
eine sächsische Brigade hatte Weisung erhalten, zur Deckung
desselben in den Ort einzurücken. Da stürzten plötzlich
mehrere Officiere in Clam's Zimmer mit dem Schreckensruf,
die Preußen seien in der Stadt. Der General wollte es
nicht glauben, aber die Bestätigung ließ sich nicht lange er-
warten, und der Graf und sein Gefolge mußten sich eilig
auf die Pferde werfen, um der Gefangenschaft zu entfliehen.
Die gleich nachher eintreffenden Sachsen drängten zwar das
preußische Bataillon aus der Stadt wieder zurück; bald aber
kamen stärkere Truppentheile der fünften Division von Norden
heran, und auch die Sachsen mußten die Stadt verlassen.
Gitschin war in den Händen der Sieger. Der heiße Tag
hatte diese 329 Todte und über 1200 Verwundete gekostet;
die Sachsen hatten 530 Mann, die Osterreicher 490 Todee,
1900 Verwundete, von denen über 1100 gefangen wurden,
und außerdem 2500 unverwundet Gefangene und Vermißte