Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Mängel im österreichischen Heerwesen. 9 
erspart, so daß mancher ausgediente Mann wieder auf die 
Stufe des rohen Recruten zurückgesunken war. Das Alles 
aber geschah bei einem Mannschaftsstande, welcher ganz und 
gar aus den niedersten Schichten der Bevölkerung, und großes 
Theils aus Völkerschaften mit kaum begonnener Cultur her- 
vorging, aus Landschaften, wo weit und breit nicht die Spur 
eines Schulunterrichts anzutreffen, und noch weniger, um mit 
Liebig zu reden, die Seife als Maaßstab der Bildung an- 
erkannt war. So wenig der gemeine Soldat ein gelehrter 
Mann zu sein braucht, so vortheilhaft ist es für die Armee, 
wenn er die Kunst des Lesens und Schreibens versteht, und 
noch mehr, wenn auch in seinen Reihen eine gewisse Anzahl 
höher gebildeter Elemente sich vorfindet. In diesen Be- 
ziehungen stand nun die österreichische Truppe bei Weitem 
hinter der preußischen zurück, und nimmt man dies zusammen 
mit den oben erwähnten Mängeln der Organisation, so liegen 
die Gründe für eine überlegene Solidität und Manövrir-= 
fähigkeit der preußischen Bataillone vor Augen. Benedek 
that, was er konnte, für die Heilung der Schäden, kam aber 
nicht über die Einschärfung der Kasernen-Reglements, der 
Subordination und der Reinlichkeit, hinaus. An die Ein- 
führung einer neuen Gesechtstaktik, so nöthig eine solche 
gegenüber der preußischen Zündnadel auch gewesen wäre, 
konnte in diesen letzten Augenblicken nicht mehr gedacht werden; 
auch ist, so viel wir wissen, davon nicht die Rede gewesen. 
Seit dem Kriege von 1859 hatten die Franzosen mit lautem 
Nachdruck von dem Alles entscheidenden Ungestüm ihrer Ba- 
jonettangriffe geredet; hatte doch schon Carnot das Bajonett 
die echte Waffe der Republikaner genannt, und bald nachher 
auch Suwaroff erklärt: die Flinte ist ein Thor, das Bajonett
	        
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