Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Stimmung der Generale, Officiere und Soldaten. 167 
selbst, sondern der Unfähigkeit des Feldzeugmeisters die Schuld 
an ihrem Mißgeschick zuschrieben, und mehr als einer unter 
ihnen war geneigt, wenn er heute wieder verkehrte Befehle 
erhielte, dieselben nach eigenem Wissen und Gewissen zum 
Besten des Vaterlandes zu corrigiren. 
Diese Stimmungen wurden nicht gelindert durch den 
Umstand, daß Benedek nach seiner kurzen Weise den Corps- 
commandanten zwar ihre Aufstellung angab, sonst aber keine 
Sylbe über seine Pläne und Absichten an diesem Schlachttag 
mittheilte, und sie dadurch ohne Directiven für den Fall 
unvermutheter Ereignisse ließ. So ging das österreichische 
Heer den bedeutungsschwersten Stunden des Krieges entgegen, 
gewaltig durch die Zahl und den Muth der Truppen, aber 
von streitenden Gefühlen erfüllt und in seiner innern Festigkeit 
nach den wichtigsten Beziehungen gelockert. 
Was Benedek's Gedanken über die Leitung und das 
Ziel des Kampfes betrifft, so ist darüber auch aus späteren 
Verhandlungen eine positive Nachricht nicht bekannt geworden. 
Indessen scheint die Heeresaufstellung selbst einige Rückschlüsse 
auf die ihr zu Grunde liegenden Absichten zu gestatten. 
Die durch sie geschaffene Schlachtlinie bildete einen fast 
rechtwinkligen Haken, dessen Spitze in dem Höhenzug von 
Lipa-Chlum gelegen und durch das starke und völlig unver- 
sehrte dritte Armeecorps besetzt war. Von dort erstreckte sich 
das zehnte Corps und der linke Flügel südwärts, Front 
nach West oder Südwest, der rechte ostwärts, Front nach 
Nord. Man sieht, gegen welche Angriffe Benedek sich deckte, 
der Elbarmee auf den linken, des Kronprinzen auf den rechten 
Flügel. Dem Stoß der Elbarmee, den er mit Sicherheit 
erwartete, scheint er keine große Kraft zugetraut zu haben,
	        
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