206 König Wilhelm in Böhmen.
schiedenen Parteien hundert Male erklärt hatten, von Parade-
soldaten, von Milizen, von unbärtigen Knaben! In Preußen
erfüllte eine erquickende Genugthuung die Herzen der über-
wältigenden Mehrheit im Volke; der langjährige Hader, der
gerade in Folge der Schöpfung dieser Armee aufgeflammt
war, wurde durch die bewundernswerthe Leistung derselben
ausgelöscht: mochte sie entstanden sein, wie sie wollte, sie
hatte sich jetzt als festen Schirm und stolzen Schmuck des
Vaterlandes erwiesen. Die eifrigen Fortschrittsmänner im
Osten waren betreten über die Zukunft ihres Verfassungsstreits;
die großdeutschen Ultramontanen am Rhein waren erfüllt
von schmerzlichem Groll über die Niederlage des katholischen
Kaisers: aber weder die Einen noch die Andern vermochten
den Strom der allgemeinen freudigen Begeisterung zu trüben
oder abzulenken. Die süddeutsche Bevölkerung empfand, wie
sich versteht, nicht gerade Freude über den Triumph des
auch von ihr bekriegten Staats; dennoch aber milderte sich
die Feindseligkeit der Stimmung, aus dem einfachen Grunde,
daß es unmöglich war, dem bisher ihnen so widerwärtigen
Gegner ferner ihre AUchtung zu versagen.
Während in Preußen der Sieg die Bevölkerung mit
dem patriotischen Aufschwung auch zur politischen Eintracht
hinüberlenkte, brach in Ssterreich an hundert Stellen jetzt der
Zorn über die Mißregierung des Ministeriums Belcredi durch
alle Schranken hindurch. In Wien wollte das Volk von
einer abfälligen Kritik Benedek's nichts wissen; es betrachtete
vielmehr ihn wie sich selbst als das unglückliche Opfer eines
abscheulichen Regierungssystems, und beinahe mit pessimistischer
Freude wurden die Folgen der Niederlage für dieses System
erörtert. Ermuthigende Manifeste des Kaisers hatten nur