Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

214 Französische Bermittlung. 
sah er sich eben hier dicht am Rande der Gefahr, selbst in 
einen großen Krieg verwickelt zu werden, und wozu? um das 
Werk seines Lebens, die Freiheit Italiens, niederreißen zu 
helfen, um einen Fetzen rheinisches Landes zu gewinnen, 
dessen Erwerb ihm selbst gleichgültig, auf den er nur unter 
dem Drucke einer ihm widerwärtigen öffentlichen Meinung 
ausgegangen war. Immer aber hielt diese öffentliche Meinung 
ihn unerbittlich fest; setit Sadowa war ihre Eifersucht gegen 
Preußen doppelt gereizt; eine einfache Ablehnung des öster- 
reichischen Anerbietens war für den Kaiser unmöglich. So 
kam er auf den Gedanken eines Mittelwegs, auf dem er, 
wenn auch wesentlich im Sinne des Wiener Vertrags vor- 
gehend, doch wenigstens den Schein der Neutralität noch für 
eine Weilc bewahren, und zugleich dem Selbstbewußtsein des 
franzbsischen Volkes eine momentane Befriedigung gewähren 
konnte. Er beschloß, gestützt auf die Abtretung Venetiens, 
seine Friedensvermittlung nicht bloß der italienischen, sondern 
auch der preußischen Regierung anzutragen, und damit in die 
hohe Stellung des anerkannten Schiedsrichters Europas ein- 
zutreten. Es war dies freilich nicht, was Osterreich wünschte: 
indessen war man in Wien nicht mehr in der Lage, Paris 
gegenüber einen eigenen Willen zu haben; Metternich und 
bald nachher auch Mensdorff gaben ihre Zustimmung. Darauf 
brachte der „Monitcur“ am 5. Juli Morgens eine, wie es 
heißt, von Napolcon selbst verfaßte Note, welche der erstaun- 
ten Welt die wichtige Nachricht verkündete, daß Osterreich, 
eingehend auf die in Napoleon's Brief vom 11. Juni ent- 
wickelten Gedanken, Venctien dem Kaiser der Franzosen ab- 
getreten, und dessen Vermittlung bei den kriegführenden 
Mächten beantragt habe; der Kaiser habe dies bewilligt, und
	        
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