216 Franzosische Vermittlung..
grätz an der Durchführung des im Juni beschlossenen Systems
festzuhalten; daß Preußen sich dagegen sträuben würde, war
auch ihm unzweifelhaft, um so entschiedener aber gedachte er,
die französische Vermittlung nicht bloß anzubieten, sondern
aufzuerlegen, und beantragte demnach Zusammenberufung
der Kammern, Anleihe einer Milliarde, Aufstellung einer
Armee von 100000 Mann an der Ostgrenze, Anzeige an
den König Wilhelm, daß Frankreich das linke Rheinufer
besetzen müsse, wenn Preußen sich nicht gemäßigt zeige oder
Annexionen vollziehe, welche das europäische Gleichgewicht
störten. Ubrigens sei das durchaus ungefährlich, führte
er aus, da Preußen, jetzt noch vollauf mit Österreich
beschäftigt, ohne verfügbare Truppen zum Schutze des Rhein-
landes, sich beeilen würde, Frankreichs Forderungen zu
erfüllen.
Die Kaiserin Eugenie stimmte den Erörterungen des
Ministers zu, Rouher schwieg, Napoleon sprach seine Billi-
gung aus. Da eröffnete sich plötzlich die Thüre, und der
Minister des Innern, Marquis Lavalette, der alte Gegner
Drouyn's, trat, obwohl nicht geladen, in den Saal. Napo-
leon, der ihn wegen seiner persönlichen Liebenswürdigkeit
besonders schätzte, hieß ihn willkommen, und unterrichtete ihn
von dem Gegenstande der Verhandlung. „Aber, rief Lava-
lette, das steht ja in offenem Widerspruch mit der Stellung
eines Vermittlers, welche der Kaiser so eben übernommen hat.
Ein Vermittler befiehlt nicht und droht nicht, sondern gleicht
die Ansprüche aus und beschwichtigt die Leidenschaften. Nun
ist unter der Leitung des Kaisers das Bündniß Italiens mit
Preußen zu Stande gekommen: kann der Kaiser heute Victor
Emanuel auffordern, seine Ehrenpflicht zu verletzen, und das