224 Französische Vermittlung.
zusehen, wie Venetien, der Preis ihrer Kämpfe, von zwei
großen Herren dem Lande als ein Almosen hingeworfen
würde. Und dieses Almosen verdankte man, wie aller Welt
vor Augen lag, den opfervollen Anstrengungen des preußi-
schen Genossen, und in diesem Augenblick wagte Napoleon,
Italien zu einem ehrlosen Wortbruch gegen Preußen aufzu-
sordern. Ein einziger, täglich anwachsender Schrei der Ent-
rüstung erscholl darüber von Messina bis Mailand, und dieses
Mal war auch die Regierung, von wenig zahlreichen Ausnahmen
abgesehen, mit der Nation vollkommen gleicher Meinung. Der
Ministerpräsident Ricasoli, außer sich über die Unthätigkeit
der Armee seit Custozza, war schon am 30. Juni in das
Hauptquartier abgereist, um bei dem Könige die Absetzung
La Marmora's, des unverbesserlichen Zauderers, zu bewirken.
Er hatte dort ein Entlassungsgesuch La Marmora's vor-
gefunden, zugleich aber auch eine Weigerung Cialdini's, an
dessen Stelle zu treten; der Minister hatte es endlich erreicht,
daß die Beiden sich über einen neuen Feldzugsplan einigten,
nach welchem zur Sicherung des Vormarsches zunächst der
Brückenkopf von Borgoforte genommen werden, und dann
Cialdini mit seinen acht Divisionen den untern Po über-
schreiten sollte. Der König, der sich ungern von La Marmora
trennen wollte, aber doch mit Ungeduld vorwärts drängte,
hatte sich am 3. Juli mit dem Plane einverstanden erklärt.
Da aber erhielt er in der ersten Morgenfrühe des 5. das
Telegramm Napoleon's: nachdem Osterreich ihm Venetien
abgetreten und seine Vermittlung angerufen, das italienische
Heer aber Gelegenheit gehabt, seine Tapferkeit zu zeigen, sei
ein weiteres Blutvergießen unnöthig, und könne Italien durch
eine leicht erreichbare Verständigung mit Frankreich an das