Ablehnung des französischen Antrags. 225
Ziel seiner Wünsche gelangen; Preußen sei davon in Kenntniß
gesetzt, und ebenfalls zum Waffenstillstand aufgefordert. Der
König war außer sich über diese Zumuthung, und berief
sogleich La Marmora zu sich. In dieser Stunde hatte sonst
noch niemand von dem Ereigniß eine Ahnung, aber auch
La Marmora, so sehr es früher seinen Herzenswünschen ent-
sprochen hätte, wußte jetzt doch, nach dem schmählichen Rück-
zug von Custozza und der dadurch veranlaßten Erregung
des nationalen Grimmes, daß die Vollziehung des französi-
schen Befehls in dieser Form und in diesem Augenblick einen
in seinen Folgen unabsehbaren Sturm in ganz Italien her-
vorrufen würde. Demnach antwortete Victor Emanuel, er
danke dem Kaiser herzlich für sein warmes Interesse zu Gunsten
Italiens, der Vorschlag sei indessen so gewichtig, daß er zu-
nächst mit seiner Regierung darüber sich berathen müsse;
auch sei er durch Vertragspflichten an Preußen gebunden.
La Marmora telegraphirte im Laufe des Vormittags an
Nigra: „Das kaiserliche Telegramm ist um so emnster, als
es im Moniteur veröffentlicht ist. Ich begreise, daß der
Kaiser Preußen aufzuhalten sucht, aber es ist äußerst schmerz-
lich, daß dies auf Kosten der Ehre Italiens geschehen soll.
Venedig als Geschenk von Frankreich anzunehmen, ist er-
niedrigend für uns, und alle Welt wird glauben, wir hätten
Preußen verrathen. Man wird in Italien nicht mehr re-
gieren können; das Heer wird jedes Ansehen verlieren.
Suchen Sie die harte Alternative (diese Erniedrigung oder
Bruch mit Frankreich) von uns abzuwenden.“ Was er
wünschte, war durchaus nicht kräftige Verfolgung der öster-
reichischen Armee im Geiste des preußischen Bündnisses,
sondern französische Erlaubniß, hinter den jebt zweichenden
v. Gübel, Begründumg b. deutschen Reiches. V.