Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

234 Französische Vermittlung. 
wider Erwarten nicht, nun, dann sei das Bündniß mit OÖster- 
reich und den Mittelstaaten zu schließen, und ein muthiger 
Waffengang zu eröffnen. Nichts könne populärer im Lande 
sein, als ein solcher Krieg; die Armee habe keinen lieberen 
Gedanken, als die Lorbeeren von Sadowa den Preußen von 
der Stirne zu reißen. 
Bei diesem immer heftigern Anstürmen kam Napolecon 
zu keinem Entschluß. Er erkannte es an, daß seine stolze 
Vermittlung einer unsterblichen Lächerlichkeit verfallen würde, 
wenn er nicht mit Preußen zu befriedigendem Abschlusse ge- 
langte, ehe Moltke's Heersäulen in Wien einzögen. Aber 
indem Drouyn de Lhuys ihm dies so scharf wie möglich vor- 
hielt, ahnte er nicht, welche Wirkung er damit bei dem 
brütenden und kriegsscheuen Selbstherrscher hervorbrachte. 
Wenn der am 4. Juli erwählte Weg in der That nicht ohne 
kriegerische Maaßregeln zu durchschreiten war, so stieg bei 
Napoleon die Frage auf, ob nicht das Betreten desselben von 
Anfang an ein verhängnißvoller Fehler gewesen? Was war es 
eigentlich, was ihn zu dieser Abkehr von dem Streben und 
Wirken seines ganzen frühern Lebens so plötzlich bestimmt 
hatte? Er, der 1859 Italien befreit und 1864 Preußen die 
Elbherzogthümer angeboten hatte, weshalb sollte Er jetzt die 
Gefahr eines Doppelkriegs auf sich laden, um das ihm stets 
antipathische Osterreich zu beschirmen? Während er diese 
Gedanken hin und her erwog, bewilligte seine Gemahlin ihrem 
alten Verehrer, dem Grafen Goltz, mit dem sie seit Monaten 
nicht mehr über Politik geredet hatte, am 9. Juli eine Audienz, 
um ihm einmal auf das Gründlichste ihre Meinung über 
Preußens Übermuth zu sagen. Er war tief betroffen. Nie- 
mals, gestand er nachher, hätte er geglaubt, daß sie in ihrer
	        
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