Osterreichs hinhaltende Politik gegen Napoleon. 271
genehmige!). Das Letztere war nun eine verwickelte Frage
des innern Staatsrechts; das Erstere kostete nur einen ein-
fachen, nach den gemachten Erfahrungen kaum noch schweren
Entschluß. So antwortete Graf Mensdorff nach Paris um-
gehend am 12. Juli, daß er über Osterreichs Austritt aus
dem Bunde jede Außerung verschieben müsse, bis er Preußens
sonstige Begehren kenne; denn, wenn sich darunter unannehm-
bare, wie z. B. das einer Gebietsabtretung, befänden, so
würde Osterreich lieber mit Ehren untergehen, als un solchen
Preis, den Frieden erkaufen. Damit war, wie man sieht,
jede Landabtretung, aber keineswegs der Austritt aus dem
Bunde als unmöglich bezeichnet, und hienach hatte, wie wir
sahen, Napoleon seinem Programm die Unverletzlichkeit des
österreichischen Besitzstandes außer Venetien hinzugefügt; den-
noch aber war das Wiener Cabinet, als es am 15. Juli den
französischen Vorschlag empfing, schwer betroffen, daß Napo-
leon's Beistand so weit hinter den am 12. Juni ausgetauschten
Erwartungen zurückblieb, und demnach war Mensdorff's Ant-
wort am 16. Juli wieder eine aufschiebende. Ehe Osterreich
sich entscheiden könne, müsse es zunächst erfahren haben, ob
Preußen das Programm annehme. Der Gedanke lag nahe,
daß, wenn Preußen es ablehne, die dann harmlos gewordene
Annahme Dsterreichs den französischen Kaiser vielleicht auf
den Standpunkt des 5. Juli zurückführen würde.
Man hatte Gründe in Fülle, eine solche Wendung
zu ersehnen. Denn, wenn auch in diesem Augenblick die
Truppen der aus Italien herbei gerufenen Corps in Wien
einzutreffen begannen und bis zum 21. Juli vollständig dort
1) Aus einem Briefe Deäkl’'s mitgetheilt von Nemenyi, „Deutsche
Rundschau“.