Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Zugeständnisse Napoleon's. 291 
seiner Unbekanntschaft mit den preußisch-bayerischen Beziehungen 
ab; er schloß übrigens aus einer beiläufigen Kußerung Napo- 
leon's, daß dieser bei dem letzten Vorschlag eine Grenzrecti- 
fication im Sinne habe, welche er vor dem definitiven Frieden 
zu fordern gedenke!). 
Nachdem er dann sich von Drouyn de Lhuys die Er- 
klärungen des Kaisers hatte bestätigen lassen, und auch von 
jenem nicht die geringste Einwendung erfahren hatte, tele- 
graphirte er sofort an Bismarck, zu welchen Verheißungen 
er durch Napoleon ermächtigt worden sei). Von dessen 
Abneigung aber gegen Separatverhandlungen, und von der 
bevorstehenden Forderung einer Grenzrectification that das 
Telegramm keine Erwähnung. 
Kehren wir nun zur Conferenz des 23. Juli zurück. 
Bismarck, welcher schon Tags vorher in seinen Ge- 
sprächen mit Karolyi und Benedetti den Eindruck gewonnen 
hatte, daß Osterreich an der Annexion von Hannover und 
Hessen keinen Anstoß nehmen würde, legte den kaiserlichen 
Gesandten in der Conferenz einen einfachen Artikel vor: Sr. 
M. der Kaiser von Ssterreich verspricht, die von Sr. M. 
dem König von Preußen in Norddeutschland herzustellenden 
Einrichtungen, einschließlich der Territorialveränderungen, an- 
) Diese, überall aus Goltz's Berichten geschöpfte Darstellung 
zeigt, daß die, in Paris entstandene, unzählige Male wlederholte Ge- 
schichte, Goltz habe bei Drouyn de Lhuys die Anerkennung einer An- 
nexion von 3000000 Seelen begehrt, und sei, als der Minister Bedenken 
dagegen erhoben, hinter dessen Rücken zum Kaiser gefahren, und habe, 
Gott weiß durch welche Künste, von dem überrumpelten Monarchen die 
Zustimmung zur Annexion von drei Millionen erlangt — rein aus der 
Luft gegriffen ist. 
) Bismarck erhielt die Depesche am 23. Juli vor der Situng. 
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