Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Preußischer Offensivplan. 23 
nicht länger von der Offensive abhalten, sondern die preußi- 
schen Heere in kühnem Vorwärtsgehen auf böhmischem Boden 
sich vereinigen zu lassen. Allerdings erhob sich Widerspruch 
gegen ein solches Verfahren: General Alvensleben erklärte, 
nichts sei verkehrter, als mit getrennten Colonnen von ver- 
schiedenen Seiten her in Böhmen einzudringen, und sich da- 
durch der Gefahr auszusetzen, vereinzelt durch die Gesammt- 
kraft des Gegners geschlagen zu werden. Moltke aber ließ 
sich dadurch nicht zurückhalten. Jeder andere Weg zeigte 
schlimmere Übelstände; ohne Gefahr ist überhaupt im Kriege 
keine große Entscheidung denkbar, und hier boten sich, wenn 
der beabsichtigte Vormarsch gelang, gewaltige Resultate. Die 
Hauptsache aber war, daß man nach den letzten Nachrichten 
annehmen durfte, es würde die Verpflanzung der feindlichen 
Armee aus Mähren nach Böhmen noch eine erhebliche Zeit 
in Anspruch nehmen, und die preußischen Corps vor ihrer 
Vereinigung nur mit einzelnen Heertheilen des Feindes zu 
thun haben. Es wurde also die allseitige Offensive beschlossen. 
Die preußischen Streitkräfte waren damals in drei 
Armeen gruppirt, in Schlesien 115000 Mann (Garde, erstes, 
fünftes, sechstes Corps) als „zweite Armee“ unter dem Ober- 
befehl des Kronprinzen; in der Lausitz die Divisionen des 
zweiten, dritten und vierten Corps, 93000 Mann mit dem 
Titel der „ersten Armee“ unter der in Schleswig bewährten 
Führung des Prinzen Friedrich Carl; bei Torgau die 14., 
15. und 16. Division, 46000 Mann, als Elbarmee unter 
General Herwarth von Bittenfeld, dem Sieger von Alsen. 
Außerdem beobachteten zwei Streiscorps, 9000 Mann, die 
schlesische Grenze gegen Mähren, und wurde in Berlin ein 
erstes Reservecorps, 24000 Mann, aus mobilen Landwehren
	        
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