Bismarck's Denkschrift über die Friedensbedingungen. 295
von der letzteren Seite her drohende Gefahr einer Partei-
nahme Frankreichs gegen Preußen, welche aus einer diplo-
matischen Pression leicht in eine wirkliche active Theilnahme
umschlagen konnte, beseitigt worden. Es ist in Folge der
auf Befehl Ew. Majestät dem Grafen Golgz ertheilten In-
structionen gelungen, vom Kaiser Napoleon darüber hinaus
noch die bestimmte Zusicherung, welche Graf Goltz am 23. d.
telegraphisch gemeldet hat, zu erlangen, daß er die directe
Annexion von vier Millionen in Norddeutschland nicht nur
geschehen lasse, sondern selbst empfehlen werde, ohne daß
dabei von Compensationen für Frankreich eine Erwähnung
geschehen ist. Das Schwanken des Kaisers in den letzten
Wochen und der Druck der öffentlichen Meinung in Frankreich
lassen aber nur zu sehr befürchten, daß, wenn die augenblick-
lichen Zuständnisse nicht in Thatsachen verwandelt werden,
ein neuer Umschwung Statt finden könnte.
„Auf eine Unterstützung weitergehender, oder auch nur
dieser preußischen Forderungen Seitens der andern Groß-
mächte läßt sich nicht rechnen. Ew. Majestät haben aus
dem Briefe Sr. M. des Kaisers von Rußland ersehen, mit
welcher Besorgniß Höchstderselbe den Bedingungen Preußens
entgegen sieht. Auch sein Minister, Fürst Gortschakoff, hat
dem Verlangen, diese Bedingungen kennen zu lernen, sowohl
gegen Ew. Moajestät Gesandten in St. Petersburg, als durch
Baron Oubril in Berlin Ausdruck gegeben. Die verwandt-
schaftlichen Beziehungen des russischen Kaiserhauses zu den
deutschen Dynastien erwecken die Besorgniß, daß bei weitern
Verhandlungen die Sympathien für dieselben schwer in's
Gewicht fallen dürften. In England fängt die öffentliche
Meinung an, sich den Waffenerfolgen Ew. Mojestät zuzu-